Diagonale
Diagonale
Diagonale

 

Festivaleröffnung:
Dienstag, 13. März 2018
19.30 Uhr
Helmut List Halle

Programm:
Begrüßung durch Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, Festivalleitung
Vergabe des Großen Diagonale- Schauspielpreises 2018 an Ingrid Burkhard

Murer – Anatomie eines Prozesses von Christian Frosch
Uraufführung
Österreich / Luxemburg 2018, 137 min, OmdU

Durch den Abend führt Julia Gräfner

Im Anschluss laden Landeshauptmann Hermann SchützenhöferBürgermeister Siegfried Nagl und die Diagonale zu einem Empfang.

Eröffnungsfest: DJ Universal Beatnik präsentiert seltene 7″-Singles. Österreichischer Pop/Beat der frühen 1960er-Jahre trifft Rare Tunes aus aller Welt.

Eröffnungssponsor:
AVL Cultural Foundation

Kosponsoren:
Almert & Partner und
Energie Steiermark

Eröffnungsfilm’18: Murer – Anatomie eines Prozesses

© Prisma Film/Ricardo Vaz Palma

Murer – Anatomie eines Prozesses © Prisma Film/Ricardo Vaz Palma

Ein brisanter Gerichtsfilm, ein Thriller eröffnet die Diagonale’18. Graz 1963. Der angesehene Lokalpolitiker und Großbauer Franz Murer steht wegen schwerer Kriegsverbrechen vor Gericht. Die Beweislage ist erdrückend. Doch in den Zentren der Macht will man die dunklen Kapitel der eigenen Geschichte endgültig abschließen.

Anhand originaler Dokumente zu einem der wohl größten Justizskandale der Zweiten Republik zeichnet Regisseur Christian Frosch den Fall von Franz Murer nach, der von 1941 bis 1943 als „Schlächter von Vilnius“ einer der Hauptverantwortlichen für die Tötung der Juden in der heutigen litauischen Hauptstadt gewesen sein soll.

Franz Murer wurde erst 1963 auf die juristische Intervention von Simon Wiesenthal hin in Österreich vor Gericht gestellt. Überlebende der Shoa reisten an, um auszusagen und Gerechtigkeit zu erwirken – vergebens. Trotz der erdrückenden Beweislage endete der Prozess mit einem Freispruch.

Der Eröffnungsfilm erzählt diese Verhandlung mit 73 Sprechrollen in dichten Passagen und der stets intensive Nähe erzeugenden Kamera von Frank Amann nach. In Hintergrund-sequenzen und Parallelsträngen im Umfeld des Prozesses kombiniert er die Agitatoren – Täter/innen, Opfer, Zusehende – zu einem erschütternden postnazistischen Zeitbild, in dem, frei nach Hannah Arendt, Tatsachen so behandelt werden, als handle es sich um vernachlässigbare Meinungen. Erschreckend, wie gegenwärtig all dies erscheint.

„Österreich hat keine Seele und keinen Charakter. Österreich besteht aus Tätern, Zuschauern und Opfern“, zieht Regisseur Christian Frosch ein düsteres Resümee aus der Arbeit an seinem Spielfilm Murer – Anatomie eines Prozesses. „Mich interessierte beim Murer-Kriegsverbrecherprozess weniger, zum wiederholten Male die Verbrechen des NS-Regimes nachzuerzählen, sondern genau hinzusehen und zu verstehen, wie sich die vom Wesen her grundsätzlich verschiedenen Gruppen (Täter, Opfer und Zusehende) in der Republik Österreich darstell(t)en. Das Spannende ist, dass man hier sehen kann, wie das österreichische Nationalnarrativ funktioniert(e). Es basiert keineswegs auf Verdrängung. Es wurde bewusst gelogen, verschleiert, verbogen und gesteuert. Nur so konnte man Täter zu Opfern machen und die Opfer zu den eigentlich Schuldigen erklären. Diesem Prozess lag kein seelischer Defekt zugrunde, sondern Kalkül. Wir müssen uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, dass der Patient Österreich nur die Fakten in sein Bewusstsein integrieren muss, um den Heilungsprozess einzuleiten. Die Tatsachen waren und sind bekannt“, so Frosch weiter. Er versteht Murer – Anatomie eines Prozesses dabei nicht als historisierenden, sondern als politischen Film, bei dem es darum ging, das brisante Material so authentisch wie möglich „zum Sprechen“ zu bringen.

Mit: Ursula Ofner-Scribano (Elisabeth Murer), Karl Fischer (Franz Murer), Alexander E. Fennon (Verteidiger Böck), Melita Jurišić (Rosa Segev), Roland Jaeger (Staatsanwalt Schuhmann), Rainer Wöss (Karl Nowak), Mathias Forberg (Richter Peyer), Gerhard Liebmann (Julius Kloiber), Klaus Rott (Schuldirektor Friedrich), Susi Stach (Geschäftsfrau Hertha), Karl Markovics (Simon Wiesenthal), Ariel-Nil Levy (Jacob Kagan), Mendy Cahan (Ephraim Schuster), Dov Glickman (Leon Schmigel), Franz Buchrieser (Bauernbundpräsident Robert Wallner), Johanna Orsini-Rosenberg (Katharina Ritzinger), Erni Mangold (Oma Kloiber) u. a.

Eine Koproduktion von Prisma Film (AT) und Paul Thiltges Distributions (LU)
Förderungen des Eröffnungsfilms: Österreichisches Filminstitut, ORF Film/Fernseh-Abkommen, FISA – Filmstandort Austria, Filmfonds Wien, CINE ART Steiermark,
Film Funds Luxembourg

 

Christian Frosch © Jost Hering Filme

Christian Frosch, geboren 1966 in Waidhofen an der Thaya. Fotografenausbildung an der Graphischen Wien, Studium an der Filmakademie Wien und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb). Für den Film Von jetzt an kein Zurück(AT/DE 2014) wurde der auch als Produzent, Drehbuchautor und Dramaturg tätige Regisseur 2015 mit dem Diagonale-Publikumspreis ausgezeichnet. 2005 erhielt er ebendort den Carl Mayer-Drehbuchförderungspreis für das Treatment „Vanitas“.

Filme (Auswahl): Von jetzt an kein Zurück (AT/DE 2014), Weiße Lilien (AT/DE/LU/HU 2007), Tear Works (AT/DE 2007), K.aF.ka fragment (AT/DE/CH 2001), Die totale Therapie (AT/DE 1997), Sisi auf Schloß Gödöllö (AT/DE 1994)

 

 

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