WINWIN
Spielfilm, AT 2016, Farbe, 84 min., OmdU
Diagonale 2016
Regie, Buch: Daniel Hoesl
Darsteller:innen: Christoph Dostal, Stephanie Cumming, Nahoko Fort-Nishigami, Jeff Ricketts
Kamera: Gerald Kerkletz
Schnitt: Natalie Schwager
Originalton: Claus Benischke-Lang, Klaus Kellermann
Sounddesign: Gerhard Daurer
Szenenbild: Laura Weiss
Kostüm: Anais Horn, Alexander Goll
Weitere Credits: Jürgen Weishäupl, Alexander Tschernek
Produzent:innen: Georg Aschauer, Julia Niemann, Katharina Posch, Daniel Hoesl, Gerald Kerkletz
Produktion: European Film Conspiracy
Diagonale-Preis Filmdesign 2016
Bestes Szenenbild
Diagonale-Preis Bildgestaltung 2016
Beste Bildgestaltung Spielfilm
Eine Gruppe falscher Investor/innen landet in Österreich, um sich in Wirtschaft, Politik und Kunst einzukaufen. Wo immer sie auftritt, wird sie mit offenen Armen empfangen. Denn: Wer Geld hat darf sich alles erlauben. Das Leben der Superreichen als permanente Win-Win-Situation. Der zweite Film der European Film Conspiracy demaskiert die Plutokratie und die Macht des Geldes. Erhellend, subversiv, entlarvend: eine Satire, wie ein Feuer im Luxuspenthouse, das allmählich zum Großbrand ausartet.
„Jet Black Man, evil seed of madness“ raunt der Sänger der Band OP:L Bastards zum krachenden Electroclash-Sound. In Slow-Motion steigen die smart gekleideten Repräsentant/innen des Jetset aus dem Privatflieger. Die Landebahn als Laufsteg: die Investor/innen als Popstars der Hochfinanz. „Sandberg & Lachmann“, so der klingende Name der Gruppe, wollen in Österreich nachhaltig investieren – und spielen ein falsches Spiel. Denn, so lautet eine Prämisse des Films, in der Welt der Superreichen ist Wahrheit Lüge und Lüge Wahrheit. Schon bald werden sie von Angeboten überschwemmt, Familienbetriebe wie Kunsthandel, Ministerin wie Provinzpolitiker liegen den Hoffnungsträger/ innen zu Füssen. Dazwischen genießen diese ihre Geldherrschaft mit opulenten Mählern, die wie Gemälde inszeniert sind, Squashspielen oder ein paar Offshore-Geschäften. Der zweite Film der European Film Conspiracy nimmt die Macht des Geldes ins Visier. Gedreht wurde, wo immer der Rubel rollt: in edlen Konferenzzimmern und schicken Hotelsuiten. Virtuos fotografiert die Kamera kühle, eigenwillig sinnliche Räume und erhebt die Stilisierung zur Methode der Verfremdung im besten Brecht’schen Sinn: um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Mit dem Seziermesser der Satire wird also die glänzende Welt der Plutokrat/innen filetiert, bis innere Fäulnis und Dekadenz – gelb wie Eiter, gelb wie Geld und Gold – hervortreten. Denn, so eine zweite Prämisse, der Humor beginnt dort, „wo der Spaß aufhört. Und zwar für all jene, die nicht Teil der Geldpolitik sind, die die Gesetze bestimmt“ (Daniel Hoesl).
(Katalogtext, mr)
winwin.party, europeanfilmconspiracy.com, stadtkinowien.at
Das Unberechenbare und die Autopoiesis, die normalerweise durch die Gestaltung eines Drehbuchs ausgeschaltet werden sollen, werden bei unserer Arbeitsweise ohne Drehbuch zum Potenzial. Die Unfertigkeit zu Beginn ist notwendig, um im Lauf des Gestaltungsprozesses aus Funden, Gegebenheiten, Personen und Ergebnissen der kollektiven Gespräche sowie aus der Improvisation der Darsteller/ innen schöpfen zu können. Vorgegeben sind bloß vage Bögen, ein Anfang, eine Mitte und ein Ende der Geschichte. Und der finanzielle Engpass.
(European Film Conspiracy)