Diagonale
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Paradies: Glaube
Spielfilm, AT/DE/FR 2012, Farbe, 113 min.
Diagonale 2013

Regie: Ulrich Seidl
Buch: Ulrich Seidl, Veronika Franz
Darsteller:innen: Maria Hofstätter, Nabil Saleh, Natalija Baranova, René Rupnik u.a.
Kamera: Wolfgang Thaler, Ed Lachman
Schnitt: Christof Schertenleib
Originalton: Ekkehart Baumung
Sounddesign: Matz Müller, Erik Mischijew
Szenenbild: Renate Martin, Andreas Donhauser
Kostüm: Tanja Hausner
Produzent:innen: Ulrich Seidl, Christine Ruppert, Philippe Bober
Produktion: Ulrich Seidl Film
Koproduktion: Tat Film, Parisienne de Production

 

Anna Maria hat Jesus an ihrer Seite und mit ihm das Paradies, das es in die Mitwelt hinauszutragen gilt: Mit Muttergottes-Statuen zieht sie von Tür zu Tür, um Ungläubige auf den rechten Weg zu führen. Als ihr querschnittsgelähmter muslimischer Ehemann Nabil eines Tages nach Hause zurückkehrt, entflammt ein Kleinkrieg um Ehe und Religion. Sobald Unruhe im Paradies Einzug hält, ist jede/r sich selbst und dem eigenen Glauben am nächsten.

Katalogtext Diagonale 2013:

Teil zwei der Paradies-Trilogie von Ulrich Seidl fokussiert das Leben von Anna Maria: ein Leben für den Glauben. Gleich die erste Szene zeigt die Protagonistin bei der Selbstgeißelung vor dem Jesuskreuz. Weitere Opfergebete und -rituale folgen. Den Urlaub will die tiefreligiöse Katholikin zu Hause verbringen – oder besser gesagt: vor den Türen Ungläubiger. Mit Muttergottesstatuen zieht sie missionierend von Wohnung zu Wohnung. „Österreich muss wieder katholisch werden“, heißt es im Bibelkreis. „Wir sind die Sturmtruppe der Kirche.“

Anders als ihre Schwester Teresa – die es in Paradies: Liebe auf Partnerschau nach Kenia verschlägt – sucht Anna Maria keine neue Bindung. Im Gegenteil. Sie hat Jesus an ihrer Seite, eine Partnerschaft, die sie durchaus auch körperlich versteht und lebt. Als eines Tages ihr querschnittgelähmter muslimischer Ehemann nach Hause zurückkehrt, entsteht Unruhe in Anna Marias penibel sortierter Normalität. Getreu ihren Grundsätzen sucht sie Klärung im Glauben: Sie deutet Nabils Unfall als Geschenk Gottes, das sie zurück auf den rechten Weg geführt hat, seine Wiederkehr als Prüfung, der sie sich bereitwillig stellt. Aber schon bald entflammt ein eheliches Gefecht, das auf dem Schlachtfeld der Religion ausgetragen wird – und das Seidl mit emotionaler Wucht und seinem gewohnt konsequenten, szenisch-dokumentarischen Regiestil bis an die Grenzen auslotet. (red)

Indem sie ihre Gebete zu Gott spricht, spricht sie zu sich und aus sich heraus, eigentlich eine Blasphemie, denn sie ist die, die sie ist und sein wird, indem sie sich selbst zu einer anderen macht als derjenigen, die sie ist. Eine Art Über-Gottheit, nicht Aus drei mach eins, sondern dieses Machen ist buchstäblich ein Herstellen, ein handfestes Sich selbst Erschaffen, und Selbstgeißelungen und schmerzhaftes Rutschen auf den Knien erinnern an den mühsamen Vorgang dieser Selbsterschaffung. (Elfriede Jelinek, Die Presse)

Im privaten Kleinkrieg von Paradies: Glaube geht es nicht um Allgemeinplätze zur Auseinandersetzung der Religionen, deren zermürbende Auswirkung auf einzelne Leben wird aber mit einer Nacktheit erforscht, die so brutal wie zärtlich ist. (Christoph Huber, Die Presse)

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