Diagonale
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Pandoras Vermächtnis
Dokumentarfilm, AT 2023, Farbe, 87 min., OmeU
Diagonale 2024

Regie, Buch: Angela Christlieb
Darsteller:innen: Daniel Pabst, Marion Jaros, Ben Pabst
Kamera: Max Berner
Schnitt: Angela Christlieb, Sebastian Schreiner
Sounddesign: Georg Tomandl, Maximilian Liebich
Weitere Credits: Zusätzliche Kamera: Martin Putz
Produzent:innen: Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Bady Minck
Produktion: Amour Fou Vienna

 

Georg Wilhelm Pabst gilt als einer der prägenden Regisseure der Weimarer Republik, Brüche und Widersprüche in Leben und Werk laden jedoch bis heute zu Spekulationen ein. Angela Christlieb nähert sich der ambivalenten Figur über ein sich über mehrere Generationen erstreckendes Familienporträt. Briefe und Tagebucheinträge der privaten wie beruflichen Partnerin Trude Pabst verweben sich mit Filmausschnitten, Traumsequenzen und den Erzählungen der Pabst-Enkel zu einem Mosaik aus Macht, Geschlechterverhältnissen und familiärem Erbe.

Auf den Familienfotos ist Georg Wilhelm Pabst eine einschüchternde Erscheinung, die neben sich nur Randplätze übriglässt. „Übermächtiger Vater!“ ist unter einem dieser „sprechenden“ Bildzeugnisse zu lesen.

Pabsts Position in der Filmgeschichte erscheint dagegen weniger souverän und unangetastet. Sein Ansehen als einer der prägenden Regisseure der Weimarer Republik, der sich mit wirklichkeitsnahen Filmen wie Die freudlose Gasse (1925) und Die Büchse der Pandora (1929) einen Namen gemacht hatte, wurde durch seine Kooperation mit Nazideutschland nachhaltig beschädigt. Brüche und Widersprüche in Leben und Werk – Linker und Naziprofiteur, Verfechter moderner Frauenfiguren und Chauvinist, sozialer Realist und Traumlogiker – bieten bis heute Stoff für Analysen und romanhafte Fiktionalisierungen.

Angela Christlieb nähert sich der ambivalenten Figur über ein sich über mehrere Generationen erstreckendes Familienporträt, das sich fließend zwischen Erinnerungserzählung, Archivsichtung und Psychogramm bewegt. Als Ich-Erzählerin und Hauptzeugin des assoziativ-spekulativen Mosaiks fungiert Trude Pabst, die im Schatten des Patriarchen als künstlerische Partnerin am filmischen Werk mitwirkte und zwischen der Steiermark, Berlin, Paris und Los Angeles ihre Gedanken und Träume in Briefen und Tagebucheinträgen festhielt. Ihre Spuren führen tief in den Stoff der Pabst-Filme hinein und bringen versteckt Autobiografisches zum Vorschein, durchqueren surreale Landschaften und finden in den Erzählungen der Enkel Daniel, Ben und Marion Ergänzung und Gegenrede. Deren Lebenswege als Musiker und Fotograf, Paläontologe und Schmetterlingszüchterin beziehungsweise Umweltschützerin konturieren sich zuweilen als Erbreste ihrer Großeltern, der Dinosaurierforscher Ben erscheint gar als eine Art Spiegelfigur des Höhlenforschers aus Geheimnisvolle Tiefe (1949). Macht, Geschlechterverhältnisse, emotionale Distanzen: Über das Porträt weit hinaus fragt Pandoras Vermächtnis nach der Fortsetzungskette, die Familie unweigerlich bedeutet. (Esther Buss)

Diagonale Nachspann am Montag 8. April: Filmemacherin Angela Christlieb und die Protagonist:innen Marion Jaros und Daniel Pabst im Gespräch mit Filmpublizist & -kurator Olaf Möller über den Umgang mit übermächtigen Vorfahr:innen und Regielegenden.

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