Mit einem Tiger schlafen
Spielfilm, AT 2023, Farbe, 107 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie, Buch: Anja Salomonowitz
Darsteller:innen: Birgit Minichmayr, Johanna Orsini, Lukas Watzl, Oskar Haag
Kamera: Jo Molitoris
Schnitt: Joana Scrinzi
Originalton: Hjalti Bager-Jonathansson, Johannes Baumann
Musik: Bernhard Fleischmann
Sounddesign: Veronika Hlawatsch
Szenenbild: Martin Reiter, Andreas Ertl
Kostüm: Tanja Hausner
Produzent:innen: Antonin Svoboda
Produktion: Coop99 Filmproduktion
„Der Schmerz, ist er innen oder außen?“, fragt Maria Lassnig, bevor sie ihm im nächsten Moment Ausdruck verleiht. Mit einem Tiger schlafen zeichnet ein Bild der Künstlerin, das vor allem von Grenzen erzählt: Isolation in der männlichen Kunstwelt, die endlose Sehnsucht nach der Entgrenzung des eigenen Körpers. Während ein Tiger seine Kreise zieht, verbinden sich Gegenwart und Vergangenheit ebenso wie Körper und Bilder. Ein Film, der wie Lassnig nicht vor Grenzüberschreitungen zurückscheut.
„Der Schmerz, ist er innen oder außen?“, fragt Maria Lassnig, bevor sie ihm im nächsten Moment Ausdruck verleiht. Den Körper dabei scheinbar aufschneidend, um ein Gefühl aus ihm herauszuziehen, das sich sträubt, sich wendet und windet – bis es schließlich zu fließen beginnt und den Körper, wie vom Terpentin zäh umschlungen, zur Ruhe kommen lässt. Am Boden liegend breitet sich neben Lassnig eine Malerei in Rosatönen aus. Ein verknoteter Akt, Selbstbild eines Körpergefühls.
Maria Lassnig (geboren 1919 in der Gemeinde Kappel, Kärnten) zählt zu den bedeutendsten österreichischen Künstler:innen. Als Frau in einer männlich dominierten und definierten Kunstwelt, in Österreich lange unterschätzt und abschätzig vernachlässigt, schuf sie trotz aller Hürden ein international bewundertes Œuvre auf dem Gebiet der bildenden Kunst, das auch den Animationsfilm und skulpturale Arbeiten umfasst. Als Entwicklerin des „Körperbewusstseinsstils“ machte Lassnig ihren eigenen Körper zum zentralen Motiv und Ausdrucksmittel ihres Schaffens. Ein Werk hervorgebracht im Spannungsverhältnis aus innerer Erfahrung und körperlicher Empfindung, rezipiert zwischen visionärem Schaffen und morbider Seltsamkeit.
Mit einem Tiger schlafen besucht Orte und Menschen aus dem Leben der Malerin, Grafikerin und Filmemacherin und greift wiederkehrende Themen und Motive aus dem Werk auf: als poetisches Hybrid, in dem die Künstlerin, ein rotes Moped, Elfie Semotan und die „Hundsgruppe“ einander begegnen. Während ein Tiger seine Kreise zieht, verbinden sich Gegenwart und Vergangenheit ebenso wie Körper und Bilder. Grenzen lösen sich auf, und Fragen nach der fortdauernden Notwendigkeit von Lassnigs Kämpfen werden schmerzhaft sichtbar.
Anja Salomonowitz (Dieser Film ist ein Geschenk, 2019; (Kurz davor ist es passiert, 2007) nähert sich als Meisterin der Verfremdung der entfremdeten Meisterin Lassnig (verkörpert von Birgit Minichmayr) an: ein Biopic, das Interpretation, Gegenwartsblick und Vergangenheitserzählung ist. Fragment für Fragment entsteht so ein Film über eine Künstlerin, der vor allem von ein- und ausschließenden Grenzen erzählt: enges Klagenfurt, Isolation in der männlichen Kunstwelt, Einsamkeit in Paris und schließlich die endlose Sehnsucht nach der Entgrenzung des eigenen Körpers. Ein Bild, das wie Lassnig selbst nicht davor zurückscheut, Grenzen zu überschreiten. (Lisa Heuschober)
Präsentiert von der Arbeiterkammer Steiermark, Abteilung Frauen & Gleichstellung und Ö1
Bei der Vorstellung am 7. April um 17.30 Uhr wird eine Audiodeskription für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen angeboten.