VIENNA CALLING
Dokumentarfilm, AT/DE 2023, Farbe, 85 min., OmeU
Diagonale 2023
Regie, Buch: Philipp Jedicke
Darsteller:innen: Voodoo Jürgens, EsRaP, Der Nino aus Wien, Lydia Haider, Gutlauninger, Kerosin95, Samu Casata
Kamera: Max Berner
Schnitt: Carina Mergens, Max Berner
Originalton: Ken Rischard, Flora Rajakowitsch
Musik: Paul Gallister
Sounddesign: Andreas Hildebrandt
Kostüm: Olivia Weigelt
Weitere Credits: Executive Producer: Julian Berner
Produzent:innen: Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Bady Minck, Arne Birkenstock, Sebastian Lemke
Produktion: AMOUR FOU Vienna
Koproduktion: Fruitmarket (DE)
Im und ums Schmauswaberl, von Voodoo Jürgens über EsRap zu Kerosin95. Philipp Jedickes cineastische Eloge auf die Wiener Popszene – einen kuriosen und heterogenen Batzen mit äußerst idiosynkratischer Strahlkraft. VIENNA CALLING fügt sich als ein weiteres Mosaiksteinchen in den konsequent zelebrierten „Rock ’n’ Roll Swindle“ der Wien-Dream-Machine und gewährt mitunter herrlich intime Einblicke in Alltag und Denken sowie auf die großen Bühnen in den kleinen Kellern.
Der Regisseur Philipp Jedicke ist kein Unbekannter, wenn es um die Behandlung musikalischer Inhalte und die damit in Verbindung stehenden, meist starken Persönlichkeiten geht. Rein methodisch erinnert VIENNA CALLING an sein gefeiertes Kinodebüt Shut Up and Play the Piano, in dem er die Figur des kanadischen Klavierperformers Chilly Gonzales bei ihrer ästhetischen Neuerfindung begleitet. Statt einem schrulligen populären Instrumentalisten wird in VIENNA CALLING anhand einiger leuchtender Wiener Musikikonen einer Szene abseits des Mainstream Tribut gezollt. Durchsetzt von dramatischen Hardcuts zwischen urbanem ASMR-Ambiente, Momenten von köstlicher Intimität sowie Live-Performances mäandert VIENNA CALLING in schönen Bildern vor und hinter den Kulissen. Immer wieder um das Wiener Szenelokal Schmauswaberl kreisend schafft Jedicke eine weitere Bühne und Projektionsplattform für die erträumte Realität seiner Hauptfiguren. Von den pittoresken Haderndreschern Voodoo Jürgens und Der Nino aus Wien, die sich der hyperreal anmutenden, verwegenen Beisl-Aura ihrer Kunst-Personae auch im privateren Rahmen schwer entziehen können, über die familiären Musikexkurse und den früheren Schulhorror des Geschwisterduos EsRap bis hin zum Brautkleid-Shopping mit Kerosin95 erzeugt Jedicke ein facettenreiches filmisches Bild einer betörenden Nische der Wiener Alltags- und Popkultur, die aus dem Wechselspiel von österreichischem Traditionalismus und zeitgenössischer Urbanität ihre eigenartige Anziehungskraft zu beziehen scheint. Authentisch und augenscheinlich wohlwollend fügt sich somit auch VIENNA CALLING als weiteres Mosaiksteinchen in den konsequent zelebrierten „Rock ’n’ Roll Swindle“ der hier in Szene gesetzten Wien-Dream-Machine. Viel Schaum, aber nichts ist gelogen.
(Katalogtext, pw)
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