Diagonale
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GLI APPUNTI DI ANNA AZZORI – Uno specchio che viaggia nel tempo
Innovatives Kino, AT/FR/DE 2020, Farbe+SW, 72 min., OmeU
Diagonale 2020

Regie: Constanze Ruhm
Buch: Konzept & Realisation: Constanze Ruhm
Kamera: Hannes Böck
Schnitt: Hannes Böck, Constanze Ruhm
Produzent:innen: Constanze Ruhm

 

Diagonale’20 – Die Unvollendete. Die Diagonale’20 wurde aufgrund der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 abgesagt.

Constanze Ruhm begegnet Anna in einem Archiv, in Alberto Grifis und Massimo Sarchiellis vierstündigem Dokumentarfilm ANNA aus den 1970er-Jahren. Der Frage nachgehend, wer Anna war, münden die Reflexionen in einer Reise durch Raum und Zeit. Ruhm trifft die junge Frau, der Grifi und Sarchielli einst zufällig auf der Piazza Navona in Rom begegneten, überall: in Computeranimationen, bei nächtlichen Dreharbeiten, während Demonstrationen und in der Literatur.

„Es geht einfach irgendwie um Annäherung“, vermeldet eine der vielen Stimmen in Constanze Ruhms GLI APPUNTI DI ANNA AZZORI – Uno specchio che viaggia nel tempo. Oder: „So ist also alles weit entfernt und sehr nahe zugleich.“ Ruhms Film kreist um ein Thema, um eine Frau, um Anna. Anna, die ihr in einem Archiv begegnet war, auf einer 16mm-Kopie von Alberto Grifis und Massimo Sarchiellis ANNA, einem vierstündigen Film über ein Mädchen mit gleichem Namen. Eine Ausreißerin und Wohnungslose, drogenabhängig, schwanger. Grifi und Sarchielli treffen sie auf der Piazza Navona in Rom und beginnen, sie zu filmen. Der Hauptteil des Materials entsteht im Frühjahr 1972. Annas Leben wird inszeniert und dokumentiert, sie ist die Hauptdarstellerin ihres eigenen Daseins, wird empathisch begleitet und exploitativ aufbereitet. ANNA ist der erste italienische Film, der auf Video gedreht wird. Erst später wird das Material mit dem von Grifi erfundenen Vidigrafi auf 16mm übertragen. „Sie hatte das Gefühl, als Vorstellung anderer zu leben“, heißt es weiter in Constanze Ruhms Film. Woher stammt der Satz? Aus ANNA? Von Ruhm? Aus einem Roman? Von Godard? Anna ist größer als Anna. Vielleicht sind alle Frauen Anna? Und Anna vielleicht mehr noch als ein Mensch, sondern auch Baum, Göttin, Computeranimation?
Von „Oberschichtenfeminismus“ ist die Rede und von Instagram, Fischphobien, und dazwischen protestieren Italienerinnen gegen zu hohe Mieten im römischen Stadtteil Magliana. Ruhm castet Annas, sie sehen alle unterschiedlich aus, und einige werden zu Flussnymphen. Der Entstehungsprozess von GLI APPUNTI DI ANNA AZZORI – Uno specchio che viaggia nel tempo, die Dreharbeiten in Italien werden transparent gemacht bzw. transparent aufbereitet: „Wir sind mit Arbeiten beschäftigt, die tagsüber nicht ausgeführt werden können, ebenfalls wegen der Touristen. Wir können wegen denen nichts sehen.“ Aber was soll gesehen werden? „Eine Aufführung ohne Text. Ein Skript, das noch zu schreiben ist. Eine Choreografie von Arbeit. Oder die Wiederherstellung einer Geschichte. Vielleicht eine Reparatur.“ Irgendwo zwischen all dem ist Anna, in den Lücken, den immer wieder aufflackernden schwarz-weißen Aufnahmen aus Grifis und Sarchiellis Film, in Ruhms Gedanken und in den Gesten der jungen Frauen, die mit ihren Händen die „feministische Faust“ zeigen: Zeigefinger und Daumen begegnen sich in einem Dreieck. „Was geschieht mit der Figur, wenn der Film vorbei ist?“ GLI APPUNTI DI ANNA AZZORI – Uno specchio che viaggia nel tempo ist die Antwort auf diese Frage, die gleichsam ins Unendliche reicht.
(Katalogtext, cw)

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