Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Wer wir einmal sein wollten
Spielfilm, AT 2023, Farbe, 82 min., OmeU
Diagonale 2023

Regie, Buch: Özgür Anil
Darsteller:innen: Anna Suk, Augustin Groz, Gregor Kohlhofer, Phillipp Laabmayr, Maya Unger
Kamera: Lukas Allmaier
Schnitt: Philipp Mayer
Originalton: Lara Zill
Musik: Benedikt Palier, Alania Gonzalez
Sounddesign: Lara Zill
Szenenbild: Johanna Mitulla, Patrick Loibl
Kostüm: Marlene Pleyl
Produzent:innen: Saskia Arth, Clara König

 

Anna (Anna Suk) jobbt in einer Schauspielschule, wo sie regelmäßig daran erinnert wird, wer sie einmal sein wollte: nämlich Schauspielerin. Nun möchte sie jedoch Jus studieren und arbeitet auch sonst hart für ihre Unabhängigkeit. Als ihr Bruder dann mit einem blauen Auge auftaucht, gerät Anna irgendwo zwischen familiärer Verantwortung und Autonomie zusehends ins Stolpern. Ein Film im Zeichen von unkonventionellem Coming of Age.



Anna (Anna Suk) arbeitet in einer Schauspielschule als Aushilfe. Während sie dort die Bühnen betreut und den Studierenden beim Proben zusieht, wird sie regelmäßig von der Erinnerung daran eingeholt, wer sie einmal sein wollte: nämlich Schauspielerin. Als Kind performte sie vor dem Fernseher, aber mittlerweile holt sie ihr Abitur nach, um Jura zu studieren. Anders als das Theater ist Annas Leben keine Welt der großen Worte, was mitunter an ihrer Einsilbigkeit liegen mag, die Charakterzug oder auch Symptom von Erschöpfung sein könnte, denn Annas soziales Umfeld lässt sich nicht gerade als einfach beschreiben. Von der eigenen Familie hat sie sich schon vor Längerem distanziert, und dann gibt es da noch die unglückliche Liebe zu Regiestudent Konstantin, der gerne seine klaren Vorstellungen von Ästhetik referiert, schwarze Merino-Rollkragenpullover trägt und Kitsch verachtet. Generell hat er es nicht so mit klassifizierbaren Genres – zumindest will er die intime Beziehung zu Anna nicht „labeln“. Überhaupt scheint Annas Leben von komplizierten Männern dominiert, dabei arbeitet sie hart für ihre Unabhängigkeit: eigene Wohnung, eigenes Geld, eine Ausbildung. All das gerät ins Wanken, als ihr Bruder Patrick auftaucht – mit blauem Auge, Platzwunde und wie immer in der Bredouille. Das zerrüttete Verhältnis der
 Geschwister erfährt im Verlauf des Films seine Höhen und Tiefen, wobei Anna irgendwo zwischen familiärer Verantwortung und Autonomie zusehend ins Stolpern gerät. 
Wer wir einmal sein wollten ist Özgür Anils erster Langfilm, mit dem er zugleich sein Studium an der Filmakademie Wien abgeschlossen hat. Man könnte die Arbeit einen ungewöhnlichen Coming-of-Age-Film nennen – ungewöhnlich, weil so unaufgeregt und eigenständig erzählt, dass er schon fast wie eine Metapher daherkommt. Im Interview sagt Anil, er habe in seinem Film eine narrative Konstellation erschaffen wollen, die sich nicht in Feinheiten verstrickt, sondern mehr wie ein Symbol oder ein Objekt funktioniert. So wolle er das Denken des Publikums anregen und den Blick weniger auf Details denn auf „das große Ganze“ lenken. Betrachtet man den Film als gesellschaftliche Studie, lässt sich der Titel wohl nicht mit Annas kindlichem Berufswunsch ergänzen. Vielmehr müsste es heißen: Wer wir einmal sein wollten … und was dafür gesorgt hat, dass wir es nicht geworden sind.
(Katalogtext, ek)

Präsentiert von Gewächshaus - Verein zur Förderung von Diversität im Film

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