Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Das unsichtbare Mädchen
Spielfilm, DE 2011, Farbe, 105 min.
Diagonale 2013

Regie: Dominik Graf
Buch: Friedrich Ani, Ina Jung
Darsteller:innen: Elmar Wepper, Tim Bergmann, Ulrich Noethen, Ronald Zehrelf, Anja Schiffel, Silke Bodenbender u.a.
Kamera: Michael Wiesweg
Schnitt: Claudia Wolscht
Produzent:innen: Dagmar Rosenbauer, Andreas Bareiß, Gloria Burkert
Produktion: CineCentrum Berlin
Koproduktion: Burkert Bareiß Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) Arte

 

Wildschweine als Mordwaffen, Baby-Strich am Waldrand: In seinem fulminanten Heimat-Krimi Das unsichtbare Mädchen beleuchtet Dominik Graf die dunkle Seite des deutsch-tschechischen Grenzgebiets – und fördert einen brisanten realen Mordfall zutage. (Christian Buß, Spiegel Online)

Katalogtext Diagonale 2013:

Niemals in seiner jahrzehntelangen Dienst- zeit bei der Kripo hätte dies der heute 64-jährige, pensionierte Hauptkommissar Altendorf für möglich gehalten: dass ein geistig behinderter junger Mann wegen Mordes verurteilt werden könnte, obwohl weder die Leiche des vermeintlichen Opfers noch eindeutige Blut- und DNA-Spuren gefunden werden konnten (...) Das war vor elf Jahren. Die achtjährige Sina Kolb war spurlos aus dem Dorf Eisenstein verschwunden. Nach einer mehrere Monate dauernden Suche verhaftete der neue Soko-Leiter den behinderten Emanuel „Ecco“ Stock und brachte diesen dazu, den Mord an Sina zu gestehen. Zwei Tage später widerrief Ecco alle seine unter Druck entstandenen Aussagen. Dem Richter jedoch genügte das Geständnis.

Beim alljährlichen Dienstausflug der Mord- kommission, der sie diesmal ins tiefe Franken, ins Bärental, wie die Gegend um Eisenstein an der Grenze zu Tschechien genannt wird, führt, lernen sich der pensionierte Kommissar Altendorf und der 32-jährige Hauptkommissar Niklas Tanner kennen (...) Die beiden Kommissare nähern sich allmählich an, der jüngere Tanner reagiert mehr und mehr fasziniert wie irritiert auf den verschrobenen, scheinbar unnahbaren Älteren. Obwohl er eigentlich einen aktuellen Mordfall bearbeiten muss, dringt Tanner immer tiefer in das Labyrinth der Ereignisse von damals ein.

Inge-Maria Kolb kaufte zu einem Zeitpunkt ein Grab für ihre Tochter, als noch keineswegs feststand, ob das vermisste Mädchen über- haupt tot war. Wie konnte ein Mädchen so unsichtbar werden, dass nicht einmal ihre Leiche, sondern nur ihr Schatten beerdigt wurde? (ARTE)

Das unsichtbare Mädchen ist fränkischer Film noir, die Geschichte ist lokal inspiriert, aber der Drive des Films kommt vom amerikanischen Kino, Sam Fuller und Robert Aldrich, und vom Hard-boiled-Roman, Hammett und Chandler (...) Atemberaubend, wie Graf ahnungsvolle, fast mystische Verbindungen schafft zwischen Menschen und Schauplätzen und Szenen. Wie er wechselt zwischen dem introvertierten und dem extrovertierten Schmerz. Wie er die Einsamkeiten seiner Helden zusammenschließt. Graf macht ein Kino der Grenzerfahrungen, der Grenzland- Erfahrungen. (Fritz Göttler, SZ)

Schon die Vorpremiere erregte Aufsehen: wegen der Inspiration durch den „Fall Peggy“, der in Deutschland für Schlagzeilen sorgte. Im oberfränkischen Provinzdorf Lichtenberg war die neunjährige Peggy 2001 auf dem Heimweg von der Schule spurlos verschwunden, 2004 verurteilte man einen geistig behinderten Teenager als Mörder – er hatte nach stundenlangen Verhören gestanden, später widerrufen (...) Eine Leiche wurde nie gefunden, Zeugen behaupteten, Peggy nach der angeblichen Tat gesehen zu haben.

Diese Geschichte dient als Ausgangsbasis für einen Provinzkrimi, der rasant expandiert, bis zu (Korruptions-)Spuren in höchsten Regierungskreisen. Tempo, Vielschichtigkeit und Unverfrorenheit der Umsetzung zeigen Grafs unverwechselbare Handschrift: Da wird nicht lange im Dialog gefackelt, da bringt ein starkes Bild die Sache auf den Punkt. Kaum ist Polizist Tanner aus Berlin im bayerischen Nest angekommen, wird er beim Dorfwirt mit einer Vergangenheit konfrontiert, die spaltet – und die Figuren antreibt. Eine rote Demarkationslinie ist auf dem Boden: Wer glaubt, dass vor elf Jahren das kleine Mädchen Sina ermordet wurde, steht auf der einen Seite; wer denkt, dass einiges vertuscht wurde, steht auf der anderen (...)

Graf inszeniert mit einer Lust und Freiheit wie in der Genrekino-Hochblüte der 1970er: barock wie die besten italienischen Polit- krimis, ökonomisch wie die besten Holly- wood-Polizeifilme der „Dirty Harry“-Ära. Man glaubt kaum, dass so etwas im Prime- Time-TV möglich ist. (Christoph Huber, Die Presse)

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