Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Life Guidance
Spielfilm, AT 2017, Farbe, 101 min., OmeU
Diagonale 2018

Regie: Ruth Mader
Buch: Ruth Mader, Martin Leidenfrost
Darsteller:innen: Fritz Karl, Katharina Lorenz, Florian Teichtmeister, Petra Morzé
Kamera: Christine A. Maier
Schnitt: Niki Mossböck
Originalton: Heinz Ebner
Musik: Manfred Plessl
Sounddesign: Nils Kirchhoff, Karim Weth
Szenenbild: Donmartin Supersets
Kostüm: Tanja Hausner
Produzent:innen: Gabriele Kranzelbinder
Produktion: KGP Kranzelbinder Gabriele Productions

 

Diagonale-Preis Schnitt 2018
Beste künstlerische Montage Spielfilm


In Ruth Maders Sci-Fi-Dystopie Life Guidance unterstützt die titelgebende Agentur Menschen dabei, ein optimales Leben zu führen. Optimal im Sinne einer turbokapitalistischen Gesellschaft. Als Alexander eines Tages ein falscher Satz herausrutscht, ist Life Guidance sofort zur Stelle – und interveniert zunehmend forsch im nur vorgeblich glücklichen Einfamilienverband. Mit dem systemdevoten Coach dringt Unbehagen in Alexanders Leben ein. Unbehagen gegenüber einer Gesellschaft, die jede Menschlichkeit verlernt hat.

Wenn die Herren von Life Guidance vor der Tür stehen, dann ist das in Ruth Maders gleichnamigem dystopischem Sci-Fi-Thriller kein Angebot im klassischen Sinn. Vielmehr tut man gut daran, bedingungslos zu kooperieren. Sonst droht der gesellschaftliche Abstieg aus der hellen, aber kühlen Designwelt der perfekt funktionierenden Leistungsträger, zu denen auch Alexander gehört. Ein typischer Vertreter der Mittelschicht im gut sitzenden Anzug, stets freundlich und motiviert, der, wie alle seine Kolleg/innen, das kapitalistische Lebenscredo einer transparenten Gesellschaft verinnerlicht hat. Mit Ehefrau Anna und Sohn Franz lebt er ein makelloses Dasein in einem modernistischen weißen Kubus – Ordnung, Beflissenheit und Harmonie sind die erklärten Lebensziele, die bereits den Kindergartenkindern eingebläut werden: Mittags isst man Brei, der Stofftierhase sagt: „Ich sehe deine Leistungen“, und böse Worte gibt es keine. Freiheit auch nicht. Fällt man aus dem Raster, schaltet sich Life Guidance ein, eine private Agentur, die die Menschen mit einem als Hilfsangebot getarnten Programm dabei unterstützt, wieder in ihr systemkonform optimales Leben zu finden. Andernfalls drohen die Degradierung zum sogenannten Minimumbezieher und die Delogierung in Schlafburgen – Anstalten, in denen man mit Drogen und Schlagermusik ruhiggestellt wird und deren Architektur an Wiener Gemeindebauten aus den 1920er-Jahren erinnert. Als Alexander eines Tages vor seinem Sohn weint und ihm ein falscher Satz herausrutscht, ist Life Guidance sofort alarmiert. Mit dem Coach im dunkelgrauen Anzug dringt Unbehagen in Alexanders Leben ein: Unbehagen gegenüber einer Gesellschaft, die jede Menschlichkeit verlernt hat.
(Katalog,ast)

Die Sonne scheint, Eltern haben ihre Kinder lieb, im Herbst fallen die Blätter von den Bäumen. Alles wie immer, auf den ersten Blick. Und doch führt uns Life Guidance in eine Zukunft, die unserer Gegenwart irritierend ähnlich sieht. Unser Blick richtet sich auf das herrschende Wertesystem von morgen. Life Guidance ist eine Dystopie der Zukunft, hochgerechnet aus den Entwicklungen der Gegenwart. Das Grauen kommt nicht aus der Fremdheit, sondern aus der Ähnlichkeit von Life Guidance mit unserer Welt. Das Ende der menschlichen Freiheit tritt im Rahmen all dessen ein, was uns aus der Gegenwart vertraut ist: der liberalen Demokratie von heute, des Finanzkapitalismus von heute, der technokratischen Elite von heute. Die Voraussetzungen für Life Guidance sind bereits gegeben.
(Ruth Mader)

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