Film Meeting Ergebnisse – FÖRDERN
Thinking for a Change
Das Spiel ist einfach, und es ist kein Spiel: vier runde Tische in Klausur. Branchenvertreter/innen aus den Bereichen AUSBILDEN, FÖRDERN, VERWERTEN und BESCHREIBEN versammeln sich als Strateg/innen in einem moderierten Setting. Die Aufgabenstellung: das kollektive und solidarische Erdenken einer konkreten Initiative im Dienste von (E)Quality & Diversity für den jeweiligen Bereich.
Tisch 1: FÖRDERN
Barbara Fränzen, Roland Teichmann, Susanne Wastl, Marijana Stoisits, Margit M. Maier
Moderation: Aslı Kışlal
Das Jahresbudget der am Panel teilnehmenden fünf Förderstellen liegt zwischen € 240.000 und € 20 Millionen. Am Beginn der Sitzung standen vier Fragen:
Was ist der „Ist-Zustand“?
Was verstehen wir unter „Diversität“?
Wo sehen die Förderer als Geldgeber ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft?
Welche Visionen ermöglichen eine diverse und geschlechtergerechte Zukunft im Bereich „Fördern“?
In der Fragenrunde zeigte sich, dass das zur Verfügung stehende Budget und die kritische Meinung der Vertreter/innen eine große Rolle in ihrer Positionierung bzw. für ihr Selbstverständnis spielen. Die Ergebnisse: Je kleiner das Budget, desto eher plädieren die Förderer für mehr Diversität und eine 50:50-Quote. Je größer das Budget, desto mehr bestehen Bedenken gegenüber einer Quote und eine eher ablehnende Haltung gegenüber neuen Regelungen herrscht vor. Je kleiner das Budget, desto zugänglicher ist es für alle Antragsteller/innen. Je größer, desto schwieriger wird es an die Mittel heranzukommen. Je kleiner das Budget, desto mehr wird über die Kunst geredet. Je größer, desto mehr wird Kunst als Kulturgut verstanden und die Förderer sehen ihre Aufgabe als kulturpolitischen Auftrag (siehe Anm. 1).
Kritisch sehen die Teilnehmer/innen die Rolle der Produzent/innen, die oft schon Projekte aussieben, bevor diese die Geldgeber erreichen können. Auch wenn die Förderer mit kleineren Budgets Diversität verstärkt mitberücksichtigen, sehen sich die entstandenen Produktionen spätestens dann wenn sie bei Verleihen und Kinos landen mit einer weiteren Selektion konfrontiert. Ein großes Problem in der Filmförderung ist, dass es zwischen niedrig dotierten, innovativen sowie diversen Projekten einerseits und Großprojekten auf der anderen Seite keine Fördertöpfe gibt. Mittelgroße Projekte haben deshalb Schwierigkeiten an Fördermittel heranzukommen.
Vorhandene Maßnahmen
Die Filmförderung des Bundes, der Stadt Wien und die Startstipendien beweisen ein ausgeprägtes Bewusstsein für ein diverses Kunst-und Kulturverständnis: „Wir reden nicht, wir tun es, um der Diversität der Gesellschaft mit Maßnahmen gerecht zu werden.“ (siehe Anm. 2)
Beim ORF sitzen zwei Frauen seit mehreren Jahren in Entscheidungspositionen. Der ORF bezeichnet die Abbildung der Diversität unserer Gesellschaft als Leitlinie. Wie dies umgesetzt wird, ist allerdings unklar. Klar ausformuliert ist nur der Grundsatz „Projekt vor Quote“.
Das Thema „Diversität und Gender“ ist in den letzten zwei bis drei Jahren auch für das Österreichische Filminstitut immer relevanter geworden. Eine klare Positionierung ist einstweilen noch nicht vorhanden, das Thema wird aber viel diskutiert. Das ÖFI hat mit folgenden drei Maßnahmen regiert: ProPro: ein Produzentinnen-Programm (dotiert mit € 100.000), Drehbuchwettbewerb und Diversitätsschulung der Kommission durch Expert/innen in Gender-, Diversitäts- und Equalityfragen.
Visionen
– Um den Zugang zu den Fördertöpfen für alle Künstler/innen zu erleichtern, braucht es mittelgroße Budgets.
– Das Diversitätsverständnis muss schon bei der Ausbildung anfangen. Eine vielfältigere Professor/innenlandschaft und mehr Bewusstsein in der Ausbildung (Filmakademie) erleichtern die Gerechtigkeit auf dem professionellen Markt.
– Wunsch: Ein Extra-Budget (Vorschlag: € 1 Million) – ein Diversitäts-Topf, der Diskriminierungen entgegenwirkt. (siehe Anm. 3)
(1) Anm. der Moderatorin: Unter „Kulturbegriff“ wird das große Ganze verstanden, also Mainstreaming. Die Bedürfnisse von Frauen und Minderheiten fallen dabei unter den Tisch. Wie ließe sich ein Kulturbegriff definieren, der sich der Diversität nicht entgegenstellt?
(2) Anm. der Moderatorin: Es handelt sicher eher um die Eigeninitiative einzelner Geldgeber, strukturelle Maßnahmen fehlen. Deshalb sollte in erster Linie eine klares Ja zur 50:50-Quote oder im weitesten Sinne eine „Diversitätsquote“ etabliert werden!
(3) Anm. der Moderatorin: Eine Frau oder Menschen mit Migrationshintergrund in den Gremien sitzen zu haben, reicht nicht aus um Gleichstellung zu sichern. Vielmehr sollten in den Entscheidungsgremien sensibilisierte Menschen mit neuen kulturpolitischen Ansätzen (Diversitätspolitik) vertreten sein. Roland Teichmanns (ÖFI) Aussage, dass er, wenn alle diese Maßnahmen nicht die gewünschten Entwicklungen mit sich brächten, für eine die Quote wäre, sehen ich als wichtigen Schritt in die richtige Richtung.