Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Uncomfortably Comfortable
Dokumentarfilm, AT/US 2021, Farbe, 72 min., eOmdU
Diagonale 2022

Regie, Kamera, Schnitt: Maria Petschnig
Buch: Konzept: Maria Petschnig
Darsteller:innen: Mitwirkender: Marc Thompson
Weitere Credits: Tonmischung: Guisburg
Produzent:innen: Maria Petschnig

 

Seit der Afroamerikaner Marc ein Auto sein Zuhause nennt, lebt er in New York an der Grenze zwischen privatem Raum und Öffentlichkeit. Maria Petschnigs Uncomfortably Comfortable nimmt dieses prekäre Szenario als Ausgangspunkt. Dabei gewährt der Film nicht bloß Einblick in Marcs Leben, sondern dokumentiert das Verhältnis zweier Menschen, die sich als Ungleiche im Prozess des Films begegnen.

Seit der Afroamerikaner Marc ein Auto sein Zuhause nennt, lebt er in New York an der Grenze zwischen privatem Raum und Öffentlichkeit. Seine Unterkunft ist – wenn er darin schläft, liest, Gedichte scheibt – immer für alle einsehbar und kann zugleich als solche unsichtbar werden, etwa wenn er sich fahrend in die Verkehrsströme entlang enger Gassen oder breiter Stadtautobahnen einfädelt. Dieses prekäre Szenario bildet den Ausgangspunkt von Maria Petschnigs Uncomfortably Comfortable. Mit einer kleinen digitalen Kamera nähert sich die Künstlerin einer Form des Lebens an, die nicht ihre ist – sie ist weiß, Künstlerin und hat eine Wohnung in Brooklyn, er ist Schwarz, mittellos, schläft im Auto und wäscht sich in den Sanitärräumen eines Fitnessstudios. Im Verlauf des Films verändert sich seine Lebenssituation mehrmals, das Unstetige, Uneindeutige, nie ganz klar zu Umreißende seiner Realität bleibt dabei immer erhalten.
In Bild, Montage und ihrem eigenen Agieren in der Konstellation des Filmemachens findet Petschnig einen dokumentarischen Zugriff, der Einblick in dieses Leben ermöglicht, der zaghaft und konzentriert Ausschnitte sichtbar macht, ohne dabei je übergriffig zu werden: Während das Bild in ihrer Hand bleibt und dabei zwischen großer Distanz und einem Blick für kleine Details changiert, gehört der Ton fast ausschließlich Marc, der seine Ansichten und Einsichten in einnehmenden, präzisen und poetischen Worten vignettenhaft umreißt. Nach und nach offenbart sich der Film nicht so sehr als Dokument seiner Situation, sondern als Aufzeichnung einer Aushandlung zwischen derjenigen, die sieht, und demjenigen, der sich zeigt.
Filmische Blicke auf prekäres Leben haben in der Geschichte des Kinos – und in jener des österreichischen Films in besonderem Maße – eine lange, nie ganz unproblematische Tradition. Uncomfortably Comfortable ist Teil dieser Tradition und beschreitet darin einen künstlerisch eigenwilligen und zugleich selbstreflexiven Weg: Indem Petschnig die eigene Subjektivität zur Disposition stellt – sie bedingungslos sichtbar und diskutierbar macht – und sie jener Marcs zur filmischen Aushandlung gegenüberstellt, entfaltet sich in einem zwar eindringlichen, aber nie abschließend fixierten Blick das Nebeneinander sehr unterschiedlicher Lebensweisen in einer von Geld und Rassismus geprägten US-amerikanischen Großstadt. Die Einsicht des Films ist somit eine doppelte – in das Leben selbst und in die Prozesse seiner dokumentarischen Aufzeichnung.
(Katalogtext, ab)

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