Diagonale
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WILDE MAUS
Spielfilm, AT 2017, Farbe, 102 min.
Diagonale 2017

Regie, Buch: Josef Hader
Darsteller:innen: Josef Hader, Pia Hierzegger, Jörg Hartmann, Georg Friedrich, Denis Moschitto, Nora von Waldstätten, Crina Semcius, Maria Hofstätter, Murathan Muslu, Thomas Schubert
Kamera: Xiaosu Han, Andreas Thalhammer
Schnitt: Ulrike Kofler, Monika Willi, Christoph Brunner
Originalton: Hjalti Bager Jonathansson, Sergey Martynyuk
Sounddesign: Bernhard Maisch
Szenenbild: Christoph Kanter
Kostüm: Max Wohlkönig
Produzent:innen: Michael Katz, Veit Heiduschka
Produktion: Wega Film
Koproduktion: ARD/Degeto, FreibeuterFilm

 

Innovative Produktionsleistung der VAM 2017

Diagonale-Preis Schnitt 2017
Beste künstlerische Montage Spielfilm



Diagonale im Dialog: Im Anschluss an das Screening findet ein ausgedehntes Filmgespräch zwischen Josef Hader und Elisabeth Scharang statt. Mit Unterstützung des Diagonale-Hauptsponsors Steiermärkische Sparkasse.

Josef Hader Double-Feature:
Vor der Morgenröte und Wilde Maus um € 15

Sein halbes Leben schon ist der fünfzigjährige Georg Musikkritiker bei einer renommierten Tageszeitung. Der Schock, als ihm sein Chef eines Tages die Entlassung verkündet, fährt ihm also direkt in sein Ego. Er sinnt auf Rache, der Chef soll bluten. Doch so leicht, wie sich das anhört, ist das gar nicht. Umso besser gelingt Josef Hader dieses Spielfilmdebüt.

„Für Ihr Gehalt können wir drei junge Redakteure zahlen.“ Ein Satz, der dem fünfzigjährigen Georg direkt in sein Ego fährt. Sein halbes Leben ist er der Klassikkritiker der renommierten Tageszeitung, jetzt wird er ausrangiert. Daheim erzählt er davon nichts. Seine Freundin Johanna wünscht sich ein Kind. Auf den Sex nach Eisprungplan hat er jetzt noch weniger Lust.
Gerade so, als ginge er zur Arbeit, verlässt Georg weiterhin jeden Morgen das Haus und setzt sich in die Prater-Liliputbahn. Dort dreht er seine Runden, bis vor seinen Augen der Lokführer gefeuert wird: Exmitschüler Erich. Sie erkennen einander, als schicksalhaft Verbundene.
Erich will die „Wilde Maus“ renovieren, eine mittelgroße Achterbahn, berühmt für ihre engen Kurven, in denen die Wägen beinahe über die Kante springen. Philosophisch gesehen passt das gut zu Georg, zwischen komplettem Durchdrehen und rostiger Contenance. Er willigt ein, die Pacht zu zahlen, und hilft mit.
Die Handlungsstränge, die Hader nun entspinnt, kann er elegant zusammenhalten, weil ihm die Tragikomik viel Freiraum für das Absurde lässt. Sich damit beschäftigen, was ihm am nächsten ist, fühlte sich für ihn am richtigsten an, sagt Hader über seinen ersten selbstgeschriebenen und selbstinszenierten Film. Die Krise in der männlichen Lebensmitte, das narzisstisch überhöhte Künstlerego, der bürgerliche Mittelstand, das lauernde Prekariat? „Alles das. Und die Geschichte von zwei Trotteln.“ Mit kindisch ist noch euphemistisch umschrieben, was Georg sich an Racheplänen gegen seinen Exchef Waller ausdenkt. Wenig verwunderlich, dass davon keiner wirklich funktioniert.
Über die Jahre hat Hader für das österreichische Kino eine spezielle Mann-Figur kultiviert, zwischen Prototyp und Klischee. Die Schultern leicht hängend, der Blick von unten, treuherzig, stets großes Leid erwartend. Bricht alles Schlechte dieser Welt dann auf ihn ein, reagiert dieser Mann zuerst sympathisch, als hätte er es ein bisschen verdient. Dann aber dämmern ihm die Möglichkeiten der trotzigen Ironie. Haders Figuren nehmen es persönlich, wie schlecht die Welt ist. Das quittieren sie mit Selbstmitleid, das sich so weit steigern kann, bis der Tod wie der einzige Freund erscheint. Auch Georgs Entwicklung nimmt einen ähnlichen Verlauf. Z’patschert zum Leben, z’patschert zum Sterben. Und z’patschert für die Rache.
(Katalogtext, az)

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