Diagonale
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Rickerl – Musik is höchstens a Hobby
Spielfilm, AT/DE 2023, Farbe, 105 min., OmeU
Diagonale 2024

Regie, Buch: Adrian Goiginger
Darsteller:innen: Voodoo Jürgens, Ben Winkler, Agnes Hausmann
Kamera: Paul Sprinz
Schnitt: Martin Pfeil
Originalton: Axel Traun
Sounddesign: Marvin H. Keil
Szenenbild: Enid Löser
Kostüm: Monika Buttinger
Produzent:innen: Peter Wildling, Martin Pfeil, Adrian Goiginger, David Stöllinger, Gerrit Klein (DE)
Produktion: 2010 Entertainment
Koproduktion: Giganten Film (DE)

 

„Auf die Gegenwart is g’schissn“, das jedenfalls weiß der Rickerl, ein Sänger und Komponist, in dem zumindest die Kumpel im Beisl ein Genie sehen. Aber vor dem ORF-Termin kneift er und muss darum in der Frittenbude arbeiten, um die Alimente zahlen zu können. Nah an sich spielt Voodoo Jürgens diese Figur im neuen Film von Adrian Goiginger, der auch ein typischer Goiginger ist: ein traurig-komisches Märchen aus der besten aller Welten, der Kindheit, und aus jenen Jahren, in denen Rauchen noch geholfen hat.

Unerwartet rollt ein Totenschädel über den Boden. Ein frühes Memento mori in einem Film, der das Leben feiert, den Tod aber immer gegenwärtig macht – den Tod der Liebe, der Selbstachtung, der Kunst.

„Auf die Gegenwart is g’schissn“, weiß der Rickerl, ein Sänger und Komponist, in dem zumindest die Kumpel im Beisl ein Genie sehen. Aber vor dem ORF-Termin kneift er und muss darum in der Frittenbude arbeiten, um wenigstens die Alimente zahlen zu können. Als Friedhofsgärtner ist er zuvor rausgeflogen, und auch als Verkäufer im Sexshop hat’s lange nicht geklappt.

Nah an sich spielt Voodoo Jürgens diese Figur, mit der Adrian Goiginger in seinem neuen Film durch Wien driftet und den Tag zur Nacht macht. Dabei begegnet der Rickerl in seinen – wie früher verrauchten! – Lieblingskneipen allerlei Gestalten: einem prügelnden Hochzeitspaar; seinem „Manager“; der Frau vom AMS, die wohlmeinend droht und schimpft; Obdachlosen; seiner Ex, der Viki, die – oh weh! – mit einem „g’stopften Piefke“ zusammen ist; vielen G’spritzten; und immer wieder auch seinem Vater, der junge Frauen abschleppt und spielsüchtig ist. Niemals möchte der Rickerl ihm ähneln – und hat wahnsinnige Angst, dass er’s tut. Schließlich hat er mit Viki auch seinen Sohn Dominik verlassen. Den darf er jetzt nur noch am Wochenende sehen, aber das letzte Mal hat er ihn im Park verloren.

Dysfunktional ist in Rickerl nicht nur die Familie, sondern überhaupt alles – in dieser Welt spendet selbst der Austropop von Georg Danzer und Wolfgang Ambros keinen Trost mehr. Und doch ist dieser Film trotz des angedeuteten Abgrundes ein typischer Goiginger. Im Zentrum steht das Urvertrauen ins Authentische. Also in eine Musik und eine Heimat, in der sich Kindheit und Fantasie vermischen. Rickerl baut Mist und ist dabei weder Scharlatan noch Vorbild, sondern schlicht eine Gegenfigur zum Optimierungsstreben unserer Jahre; ein Held der Verweigerung mangels besseren Wissens. Ein traurig-komisches Märchen aus jenen Jahren, als das Rauchen noch geholfen hat. (Rüdiger Suchsland)


Bei dieser Vorstellung wird eine Audiodeskription für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen angeboten.

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