Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Zu ebener Erde
Dokumentarfilm, AT 2018, Farbe, 91 min., dOV
Diagonale 2018

Regie: Birgit Bergmann, Steffi Franz, Oliver Werani
Buch: Steffi Franz
Kamera: Oliver Werani
Schnitt: Birgit Bergmann
Originalton: Sergey Martynyuk, Florian Rabl
Sounddesign: Sergey Martynyuk
Weitere Credits: Künstlerische Mitarbeit: Katarina Csanyiova Dramaturgie: Constantin Wulff Produktionsleitung: Hanne Lassl
Produzent:innen: Johannes Rosenberger, Constantin Wulff
Produktion: Navigator Film

 

Diagonale-Preis Sounddesign 2018
Bestes Sounddesign Dokumentarfilm


Der im Kollektiv erarbeitete Dokumentarfilm begleitet Frauen und Männer in Wien, die ohne Obdach leben. Zwischen sensibler Nähe und respektvoller Distanz erzählen die eindringlichen Porträts von zwischenmenschlichen Beziehungen, von reduzierten Bedürfnissen, von Abhängigkeitsgeflechten und von Grenzen, die selbstgesteckt oder fremdbestimmt sind. Zu ebener Erde ist ein entwaffnend ehrlicher Film über Lebensrealitäten zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit.

Im Wiener Stadtpark flanieren Spaziergänger/innen entlang einer Grünfläche. Am Treppenabsatz zum Wienfluss, halb versteckt in einem überdeckten Zugang, liegt ein Haufen aus Schlafsäcken und Decken. In dieser ersten Einstellung formuliert sich bereits, wovon Zu ebener Erde erzählt: von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, vom Hinsehen, Ansehen und Übersehen(-werden). Birgit Bergmann, Steffi Franz und Oliver Werani haben in einer dokumentarischen Langzeitbeobachtung Frauen und Männer in Wien begleitet, die ohne Obdach leben. Weshalb das eine zum anderen führte und das andere irgendwann in die Wohnungslosigkeit, rückt der Film nicht explizit ins Zentrum. Den eindringlichen Porträts ist nicht daran gelegen, Fallhöhen zu vermessen, sondern daran, Lebensrealitäten erfahrbar zu machen. Dabei lässt sich die Kamera Zeit, passt sich dem Tempo der Porträtierten an und begleitet sie auf routinierten Wegen durch Parkanlagen, zu provisorischen Schlafplätzen oder Sozialeinrichtungen. „Herr Birkner, meine Verehrung!“, begrüßt eine Sozialarbeiterin den älteren Herrn, an dem alles etwas verrutscht aussieht. Die kaputten Schuhe werden gegen neue ausgetauscht, behutsam und geduldig wird Hilfestellung im Waschraum gegeben und auf Notschlafplätze im Winter hingewiesen. Hedy hingegen, die noch Jahre bis zur Pension überbrücken muss, meidet auch in klirrender Kälte längere Aufenthalte in beengten Unterkünften. In einem Waldstück am Stadtrand hat sie sich in einer Kuhle aus Ästen und Zweigen einen höhlenartigen Unterschlupf gebaut. Die filmischen Begegnungen changieren zwischen Beobachtung und Befragung – den Balanceakt zwischen respektvoller Distanz und ehrlicher Nähe vollführt auch die Kamera trittsicher, ohne dabei zu beschönigen: Den ruppigen Umgangston zwischen Laco und seiner zerbrechlich wirkenden Ehefrau Katka spart der Film ebenso wenig aus wie eine bedrückende Szene in einem Waschsalon, die in alkoholbetäubter Leere zerfließt. Die vielschichtigen Alltagsausschnitte erzählen von Bewegungen im Stillstand, von Abhängigkeitsge echten, von reduzierten Bedürfnissen und von Grenzen, die selbstgesteckt oder fremdbestimmt sind. In Zu ebener Erde schrauben sich die Momentaufnahmen von innen nach außen: Und so reflektieren die Bilder – ganz nebenbei – auch immer wieder den eigenen Blick.
(Katalog, jk)

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