Diagonale
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Tage
Innovatives Kino, AT 2022, Schwarzweiß, 230 min., OmeU
Diagonale 2024

Regie, Buch, Schnitt, Sounddesign: Peter Schreiner
Darsteller:innen: Maria Schreiner, Peter Schreiner, Zakaria Mohamed Ali u.a.
Kamera: Peter Schreiner, Leo Schreiner, Zakaria Mohamed Ali
Originalton: Peter Schreiner, Leo Schreiner
Produzent:innen: Peter Schreiner
Produktion: Peter Schreiner – echtzeitfilm

 

Die Wolken am Himmel, das Rauschen der Blätter, die Stimmen im Garten: „Wie lange wird es das alles wohl noch geben?“, fragt Peter Schreiner, bei dem Krebs diagnostiziert wurde, aus dem Off. Und filmt weiter, Tag um Tag, mit langen Pausen, dann erneut jeden Tag; Familie und Freunde, eine Italienreise, TV-Bilder aus der Ukraine und immer wieder sich selbst, wie er ruhig in die Kamera schaut. Ein bewegender Film vom Leben, Lieben, Sterben, der sich von Schreiners Selbstreflexion zum intimen Dialog mit seiner Frau Maria hin öffnet.

In weiter Ferne, so nah. Das letzte Bild des Films zeigt ein Münzfernrohr auf dem Kahlenberg. So wie man von dort aus Wien überblickt, das an diesem Tag unter einer Dunstglocke zu liegen scheint, so blickt Peter Schreiner in seinem knapp vierstündigen Opus magnum Tage auf sein Leben zurück. Fünf Monate nach der Premiere beim Filmfestival in Rotterdam ist Schreiner im Juni 2023 einem Krebsleiden erlegen.

Es ist ein radikal persönlicher, radikal schmerzhafter, aber vor allem radikal schöner Film. Er setzt die Kunst gegen die Krankheit, feiert das Leben im Hier und Jetzt: Das vertraute Zusammensein mit Familie und Freunden, die das gastliche Haus des Ehepaars Schreiner besuchen, nacheinander Platz nehmen auf der Couch im Wohnzimmer – einige schauen ganz ruhig in die Kamera dabei, andere brechen in gemeinschaftliches Lachen aus. Und immer wieder setzt der Filmemacher sich selbst ins Bild: mit einem Buch, vor dem Spiegel, draußen im Grünen. Einer der Hauptdarsteller in diesem Film ist ein gewaltiger Baum mitten im Garten, der Schreiner mit weit ausgestreckten Ästen zu empfangen scheint. Es sind Momente vollkommenen Glücks, wenn sich Wind aufmacht und das Rauschen der Blätter den Verkehrslärm einer nahen Straße überdeckt.

Er lebe von Tag zu Tag, bemerkt Schreiner einmal, das sei schön und mache ihm Freude. Entsprechende Zwischentitel – „am nächsten Tag“, „zehn Monate später“, „am nächsten Tag“, „drei Tage später“ und so weiter – geben dem Film einen tagebuchähnlichen Rhythmus. Mal gleichen die „Einträge“ nur einem kurzen Blinzeln, mal sind sie mehrere Minuten lang. Bilder aus früheren Filmen Schreiners tauchen auf, Erinnerungen an eine wundervolle Italienreise mit seiner Frau Maria. Und dann, im Februar 2022, laufen im Fernsehen plötzlich die Nachrichten vom russischen Überfall auf die Ukraine.

Nach und nach ändert sich die Tonalität des Films. Während die erste Hälfte einem inneren Monolog gleicht und kaum einmal direkt vor der Kamera gesprochen wird, überwiegt in der zweiten Hälfte das dialogische Prinzip: die innige Beziehung des Ehepaars, seine gemeinsamen Reflexionen über das Leben und vielleicht die Frage aller Fragen – „Kann man jemals wissen, ob man sich liebt?“ (Michael Omasta)

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