Elfie Semotan, Photographer
Dokumentarfilm, AT 2019, Farbe, 78 min., OmdU
Diagonale 2020
Regie, Kamera: Joerg Burger
Schnitt: Dieter Pichler
Originalton: Nora Czamler
Produzent:innen: Johannes Rosenberger, Johannes Holzhausen, Constantin Wulff
Produktion: Navigator Film
Diagonale’20 – Die Unvollendete. Die Diagonale’20 wurde aufgrund der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 abgesagt.
Elfie Semotan fotografiert. So gut, dass es eine Werkschau für die Galerie C/O Berlin vorzubereiten gilt. Im eigenen Archiv berät sie sich mit Freund/innen und Mitarbeiter/innen, während draußen noch immer Modelle – Malerinnen wie Schauspielerinnen –, aber auch Landschaften darauf warten, von ihr porträtiert zu werden. Alles mit größter Lässigkeit und Konzentration. Wie Joerg Burger in seinem Film, der sich ebenfalls allerorts leichtfüßig bewegt.
Bilder einer (baldigen) Ausstellung. Anlässlich einer Schau in der Galerie C/O Berlin durchforstet und rekapituliert die Fotografin Elfie Semotan ihr eigenes Werk seit den 1970er-Jahren. Darunter Serien, die sie für die Modezeitschrift „i-D“ gemacht hat oder für „Esquire“. Es gibt riesige Aufnahmen Willem Dafoes, dem Semotan „das tödlichste Licht überhaupt“ verpasst hat, gerade weil sie ihn für „sehr gut aussehend“ befand. Sowie eine überaus junge Claudia Schiffer, die in grauem Kostüm in Schräglage vor einem Aktenschrank posiert. Dass manchmal nur anhand des Alters der bekannten Personen einzuschätzen ist, von wann die Aufnahmen ungefähr stammen könnten, spricht für die Originalität und die Frische von Elfie Semotans Arbeit. Möglicherweise entspringen diese auch der Unmittelbarkeit, mit der die Fotografin operiert. Regisseur Joerg Burger zeigt sie nämlich auch während mehrerer Shootings: „Perfekt, Patrick, perfekt, super! So musst dreinschauen! Lovely! Mach die Lippen noch ein bissl nasser“ – Semotans Anleitungen kommen stets euphorisch wie präzis, der Kontakt zum Menschen vor der Kamera wird nie unterbrochen, das Band bleibt sicht- wie hörbar. Eine wache Lässigkeit, die beweist, dass professionelles Tun nicht unbedingt mit Krampf und Anstrengung zusammenhängen muss, sondern im Gegenteil: mit Leidenschaft und Konzentration.
Joerg Burger schiebt die verschiedenen Lebens- und Arbeitswelten Elfie Semotans derweil mit ähnlicher Eleganz ineinander. Die filmische Reise umfasst Grieselstein im Burgenland, wo sich Semotans Archiv befindet, und New York, wo sie die Malerin Joan Semmel, Jahrgang 1932, vor ihren prächtigen Aktselbstporträts festhält. Außerdem fotografiert sie im Big-Bend-Nationalpark in Texas: Landschaften, in denen es einst Palmen und kleine Gewächse gegeben haben soll und die sich heute als Steppen präsentieren. Burger zeigt die fertig bearbeiteten Fotografien des kargen Ortes – und während man sich bereits fallen gelassen hat in die ruhige Abfolge, erfolgt ein Wechsel hin zu Modeaufnahmen vor einem Wohnwagen, der von üppigstem Grün umgeben ist. Kontrast. Doch er passiert leichtfüßig und überraschend. Wie sich ohnehin die Situationen und Protagonist/innen in Elfie Semotan, Photographer begegnen und wieder verabschieden. Sie alle sind mit und durch Elfie Semotan verbunden, darin aber derart verschieden, dass kein Brei entsteht, eher ein abwechslungsreiches Panorama. Dieses beinhaltet nicht nur Experimente – samt fliegenden Hunden, sprechenden Pferden und abgepuderten Augenbrauen –, sondern auch Elfie Semotan selbst.
(Katalogtext, cw)