Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Toilette
Innovatives Kino, AT/DE 1979, Farbe, 82 min., kein Dialog
Diagonale 2022

Regie: Friederike Pezold

 

In Referenz zum Wettbewerbsbeitrag Revolution der Augen

Die Entdeckung der Langsamkeit. Eine Frau – Pezold selbst – vor Kamera und Monitor. Immer ein Körperteil rückt in extremer Nähe ins Videobild. Erst nachdem man sich an die Entschleunigung gewöhnt hat, werden Details sichtbar, erkennbar. Der Körper gibt sein Geheimnis nicht letztgültig preis, oder anders formuliert: erhält seine Aura des Geheimnisvollen zurück. 1979 im Forum der Berlinale uraufgeführt, entkoppelt Toilette den Zuschauer*innenblick jeglicher Ökonomie.

Die Entdeckung der Langsamkeit. Eine Frau – Friederike Pezold selbst – vor Kamera und Monitor. Auf ihrem Kimono ein chinesischer Tempel. Mit dem Abstreifen des Textils nimmt ein hypnotischer Kehraus des überfrachteten Bilderramschladens unserer Gegenwart seinen Lauf. Eine „Zerschlagung der alten Bilder“ glaubten die Filmkritiker*innen Frieda Grafe und Enno Patalas 1979 nach der Premiere im Forum des jungen Films der Berlinale in Toilette zu erkennen – die Veränderung des Blicks.
Immer ein Körperteil – nackt oder dezent umhüllt – rückt in extremer Nähe ins Videobild. Die Scham, Füße, Haare, Hände … später auch Schuhe oder ein Ring an einer sich ballenden Faust. Minimale Bewegungen, Berührungen. Details werden erst sicht- und erkennbar, nachdem man sich an die Entschleunigung gewöhnt hat. Sie geben dabei ihr Geheimnis nicht letztgültig preis, oder anders formuliert: Der Körper erhält seine Aura des Geheimnisvollen zurück. Dazu übersteuert ein Rascheln und Knarzen auf der ebenfalls reduzierten Tonebene.
Toilette entkoppelt den Zuschauer*innenblick jeglicher Ökonomie und forciert ein Sehen mit alleräußerster Intensität. Es ist radikales Kino im besten Wortsinn: revolutionär, ohne mit missionarischen und eindeutig verständlichen Botschaften um sich zu schlagen. Ein Körperfilm voll der Sinnlichkeit, ein Exkurs vermittels ureigener filmischer Form. Kino der Physis – auf der Leinwand und als Erfahrung im Zuschauerraum.
(Sebastian Höglinger)

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