Der Stille Ozean
Spielfilm, AT/BRD 1983, Schwarzweiß, 95 min., dOF
Diagonale 2019

Regie, Kamera: Xaver Schwarzenberger
Buch: Walter Kappacher, Gerhard Roth
Darsteller*innen: Hanno Pöschl, Bert Breit, Maria Emo, Marie-France Pisier, Bruno Dallansky, Hannes Thanheiser, Paula Loew, Maria Martina, Sepp Löwinger, Joe Hembus
Schnitt: Ulrike Schwarzenberger, Alice hHckl
Originalton: Ed Parente, Norbert Lill
Musik: Bert Breit
Produzent*innen: Wulf Flemming
Produktion: ORF, ZDF; Teamfilm Produktion
Hanno Pöschl in einer ungewohnt
ernsthaften Rolle. Dem von ihm
brillant verkörperten Arzt unterläuft
ein Kunstfehler. Er wird freigesprochen
und zieht sich aus der
Großstadt in die Südsteiermark
zurück. Dort hofft er, sein Gewissen
beruhigen zu können. Doch als ein
Mord passiert und das Dorf nach
dem Täter sucht, muss er Stellung
beziehen. Mit Der Stille Ozean legt
der einstige Fassbinder-Kameramann
Xaver Schwarzenberger sein
beeindruckendes Regiedebüt nach
dem gleichnamigen Roman von
Gerhard Roth vor.
Unter dem Vorwand, eine Viruserkrankung auskurieren
zu wollen, mietet der Arzt Dr. Ascher (Hanno
Pöschl) ein abgelegenes kleines Haus in einem Dorf
in der Südsteiermark. Doch Ascher lügt: Nach einem
tödlichen Kunstfehler an einer großstädtischen Klinik
wurde er vom Gericht zwar freigesprochen, wird aber
mit seinem Gewissen nicht fertig. Vom bäuerlichen
Leben erhofft er sich seelische Heilung. Aber Ascher
hat seine Anpassungskraft an diese fremde Welt
überschätzt. Obwohl seine Nachbarn ihn schnell
akzeptieren, schafft er es nicht, sich hier heimisch zu
fühlen. Als sich im Dorf ein Mord ereignet und Jagd
auf den Mörder gemacht wird, wird er vor die Entscheidung
gestellt, sich an der Jagd zu beteiligen
oder sie zu unterstützen. Er erkennt, dass die Flucht
aus der Stadt ein Fehler war. Mit Der Stille Ozean legt
der einstige Fassbinder-Kameramann Xaver Schwarzenberger
sein beeindruckendes Regiedebüt nach
dem gleichnamigen Roman des österreichischen
Schriftstellers Gerhard Roth vor. Hanno Pöschl
brilliert dabei in einer ungewohnt ernsthaften Rolle,
jener des Arztes.
(Katalogtext,
3sat)
Fassbinder – andere haben ein Buch über ihn
geschrieben, ich habe einen Film für ihn gemacht.
Der Stille Ozean ist Ausdruck dessen, was ich bei ihm
gelernt habe. Dieser Film hat andererseits aber nichts
mit ihm zu tun: Es ist kein Film, wie ihn Fassbinder
gemacht hätte, kein Film von Fassbinder, sondern
für ihn. Insgesamt habe ich öfter mit anderen Regisseuren
zusammengearbeitet als mit Fassbinder. Die
Arbeit mit ihm aber hat mich stärker beeindruckt,
sodass ich nicht wusste, mit wem ich nach ihm einen
Film machen sollte. Eine der Möglichkeiten war,
selbst Regie, einen Film zu machen.
Es war die Rolle des Einzelgängers, des einsamen
Wolfs, die mich interessiert hat, und dass Der
Stille Ozean von vornherein eine optische Geschichte
ist. Ich wollte die Poesie durch Bilder deutlich
machen. Es muss auch bei einer sogenannten Literaturverfilmung
nicht so viel geredet werden. Nicht
einen intellektuellen und auch keinen Bühnenschauspieler
haben wir für die Figur des Einzelgängers
gesucht, sondern einen sinnlichen Menschen. Einen,
dem man nicht ansieht, dass er denkt, sondern dass
er gerne isst. Einen wie Hanno Pöschl. Dazu ist der
sentimentale Grund gekommen, dass Fassbinder
diesen Schauspieler für sich entdeckt hatte. Er hatte
große Pläne mit ihm. Sein Tod hat Pöschl am stärksten
von uns allen betroffen.
(
Xaver Schwarzenberger)
Neben der Auslotung von Aschers Krise wird
Der Stille Ozean zur ungeschönten Beschreibung
des Dorfalltags – entgegengesetzt zum idealisierenden
Tonfall des Heimatfilms. Das Töten aufgrund
der um sich greifenden Tollwut sowie die
Morde eines „Gerechtigkeitsfanatikers“ sind nur
die extremeren Ausläufer einer kaum verborgenen
Gewaltbereitschaft.
(Dominik Kamalzadeh, DVD-Booklet Edition Der Standard)