Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Schamlos
Spielfilm, AT/DE/FR 1968, Schwarzweiß, 75 min.
Diagonale 2013

Regie: Eddy Saller
Buch: Eddy Saller, E. Neumayr
Darsteller:innen: Udo Kier, Rolf Eden, Marina Paal, Herbert Kersten, Louis Soldan, Inge Toifl, Vladimir Medar, Thomas Astor, Rudi Schippel, Joschi Weidinger, Susanne Widl u.a.
Kamera: Walter Partsch
Schnitt: Dagmar Koschu
Musik: Gerhard Heinz
Produktion: Herbert Heidmann
Koproduktion: Peter Leidenfrost

 

Alexander Pohlmann ist ein Kleinkrimineller, der es dem großen Strizzi im Viertel mal richtig zeigen will. Seine Mittel: Erpressung, Vandalismus, Prostitution, Auftragsmord. Als Pohlmanns Geliebte ermordet wird, kippt die rauschhafte Mafiosi-Saga in einen Whodunit. Over the top, augenzwinkernd und ohne Wenn und Aber: Schamlos ist das Bibelwerk rotweißroter Exploitation.

Katalogtext Diagonale 2013:

Nackte Haut, Gewalt und Niedertracht. Schamlos ist das Bibelwerk schlechthin in Sachen rot­weiß­rote Exploitation. Keine Atempause: jedes Bild eine Schlagzeile, ein spekulativer Schock, jeder Schnitt wie ein Faustschlag, Sam Fullers Kino als Krieg in himmlischer Schundinkarnation.

Der Plot des sogenannten Sexkrimis: Alexander Pohlmann, zwanzig, ist möchte­ gerngroßer Minigangster, ein krimineller Babyhai, der seine Tage und vor allem Nächte in einem aus Wien und München komponierten urbanen Dschungel verbringt, um es mit seiner kleinen Gang dem großen Strizzi im Viertel mal richtig zu zeigen. Die Mittel: Erpressung. Vandalismus. Prostitution. Auftragsmord.

Als seine insgeheim geliebte „Oberbiene“ Annabella Romanelli in die ewigen Jagdgründe eingeht, kippt die berserkerfreudige Mafiosisaga in einen an Fritz Langs M geschulten Whodunit. Alles beherzt over the top, tongue in cheek und ohne Wenn und Aber. Tarantino pur. Zwischen entblößten Brüsten und Fäusten: ein elektrifizierender Udo Kier, der Kölner Weltstar in seiner ersten Hauptrolle, ganz Lederdandy, schmieriger Glamour und Mick­-Jagger­-geschulter Brutalinski.

Trashikone Eddy Saller war als Regisseur so etwas wie der kleine, schmutzige Bruder des Wiener Maestros Georg Tressler (Die Halbstarken). In den USA war die unter anderem durch Russ Meyer geprägte Figur des „Roughie“ ein erfolgreiches Mittel, die bürgerliche Angst vor einer heranwachsenden Protestgeneration mit Masturbationsfantasien von willigen Teen­-Girls und den marktschreierischen Boulevardzeitungen zu kombinieren.

Passend dazu: Stripperinnen­Seligkeit in der Eden­-Bar. Verwüstete Läden auf einer noch rotlichtdurchsetzten Kärntner Straße. Und der grenzgestört­hysterische Psychedelic­-Beat­ Score des Fummelfilm­-Komponisten Gerhard Heinz. Wenn Austroschlager­-Mama Aniko Benkö orgasmierend „All you ever need is beat“ greint, während die Otto­-Muehl­-Kom­mune mit Hauptdarstellerin Marina Paal ihr einziges Langfilm-­Happening (neben Dušan Makavejevs Sweet Movie) zelebriert, ist das allein schon die Eintrittskarte wert.

Die Buchvorlage stammt passend ge­ schmacklos von Karl Heinz Koizar, Schmierfink diversester Landser­Schmachtfetzen. Eddy Saller, zuvor Assistent von Franz Antel und Wolfgang Liebeneiner, hatte 1965 mit Geißel des Fleisches, einer Austrian Psycho­ Version zum Opern­-Sexmörder Josef Weinwurm mit einem brillanten Herbert Fux, sein Debüt gegeben. Danach verrannte er sich zunehmend in Nackedei­-Geblödel und provinzielle Karl­-May­-Festspiele.

Schamlos aber bleibt das erste und einzige Paradebeispiel eines Alpen­-Roughies, mit Spaßfaktor zwölf auf der nach oben offenen Richterskala. (Paul Poet)

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