Diagonale
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Coconuts
Spielfilm, AT 1985, Farbe, 90 min.
Diagonale 2017

Regie, Buch: Franz Novotny
Darsteller:innen: Hanno Pöschl, Rainhard Fendrich, Olivia Pascal, Mario Adorf
Kamera: Frank Brühne
Schnitt: Michou Hutter
Originalton: Helmut Junker
Musik: Rainhard Fendrich
Produzent:innen: Dieter Pochlatko
Produktion: epo-Film
Koproduktion: Lisa Film Koproduktion: Roxy Film

 

Coconuts ist gelebter Wahnwitz, ist ungezwungen größenwahnsinniger Schalk und Übermut, der das Unterhaltungskino erst wertvoll macht und vom schalen Fließbandprodukt unterscheidet. Franz Novotnys 1980er-Buddy-Action-Komödie ist der Versuch eines österreichischen Blockbusters – Explosionen, entblößte Körper und musikalische Einlagen inklusive. Charts-Darling Rainhard Fendrich gibt an der Seite von Legende Hanno Pöschl den Verlierer-Dude mit gepflegter Eddie-Murphy-Hysterie und verstrickt sich in eine aberwitzige Verfolgungsjagd rund um die Welt. Kino im puren Pop-Rausch.

„In den USA Kätzchen ohne Arschloch gezüchtet.“ Diese Schlagzeile huscht flink durch dieses Irrgespinst von Kracherkino und sagt eigentlich schon alles: Bad Taste mit der Berserkerramme. Humor, den man unter der zerlaufenen A3-Tschick in der Pissrinne suchen muss. Alle drei bis fünf Minuten eine fetzige Explosion, natürlich in X-Large. Oder wenigstens ein entblößter Oberkörper jedweden Geschlechts. Kurz: ein Film, so katastrophisch, dass es eine reine Freude ist. Der Wiener Franz Novotny hatte sich mit den beiden Meisterstücken Exit – Nur keine Panik! (1980) und Die Ausgesperrten (1982) nach einem Roman von Elfriede Jelinek berechtigt zum frechen Wunderkind und Bad-Boy-Skandalon des jungen österreichischen Förderkinos gemausert. Beide Filme lieferten mit rasiermesserscharfer Wucht eine Punktlandung zwischen Kunstkino und Genrekommerz. Mit Coconuts aber wollte man die Kassa so richtig klingeln lassen. Die auf Sexploitation und Schlagerschlatz spezialisierte Lisa Film von Karl Spiehs lieferte nebst epo-Film die Kohle. Um den Rest ranken sich noch heute Mythen. Fakt ist, dass der Film ohne jede Resthemmung versucht, eine actiongetränkte Buddy-Comedy abzufeuern, als ob Bud Spencer und Terence Hill neben dem Beverly Hills Cop, Celentano und Thomas Gottschalk frisch nach Simmering gezogen wären. Dazu sizilianische Zeitlupen-Shootouts. Techtelmechtel im südamerikanischen Dschungel. Die Brüste von Olivia Pascal. Und ein Obdachlosenheim, das Rainhard Fendrich mal so nebenbei in eine spontane Musicalnummer theatert. Ja, richtig, Fendrich, der heimische Gottvater der „lustigen Schnulze“, gibt den kaukasischen Eddie Murphy, den dauerüberdrehten Schauspiellehrer Bosch, dem der Kuckuck ständig die Studiotür versiegelt. Grad richtig, dass Kumpel Grein (Hanno Pöschl, seit Novotnys Exit die Proll-Kultfigur schlechthin), ein Lasterfahrer, ihn mit einem Koffer voller Millionen aus der Prekärexistenz reißt. Das Geld stammt von Siemann (Mario Adorf), dessen fesche und allseits willige Tochter Vera Grein (Olivia Pascal) gleich mit am Händchen schnappt. Der burleske Blödeltrip holterdipoltert den flotten Dreier transnational bis hinaus auf ein Tropenfloß auf offenem Meer, wo sie Schurkendaddy Adorfs Erbe schließlich einholt. Das ganze Geld stammt nämlich Udo-Proksch-style von Schiebergeschäften und Versicherungsverbrechen. Irgendwo mag Novotny inmitten der Dampfschwaden aus Gasolin und Testosteron noch entfernt der Traum vom großen europäischen Abenteuerkino geritten haben. Robert Enricos Meilenstein Les Aventuriers (1967) mit Delon und Ventura kommt einem nicht nur einmal in den Sinn. Real sitzt man eineinhalb Stunden sprachlos und quietschvergnügt vor diesem Werk. Eines, nur eines macht den Film zeitlos: dieser gelebte Wahnwitz, der ungezwungen größenwahnsinnige Schalk und Übermut, der Unterhaltungskino erst wertvoll macht und vom schalen Fließbandprodukt unterscheidet. Das ist eine Lektion in Sachen Drive, die so mancher heutige Versuch in Sachen österreichisches Genre erst noch lernen muss.
(Katalogtext, Paul Poet)

Austro-Pop-Film
Starschnitt-positionen zum österreichischen Kino (1976–1985) Falco war gestern. Die Gegenwart heißt Wanda, Bilderbuch und Voodoo Jürgens. Dreißig Jahre nach den Welthits des Johann Hölzel schickt sich Österreich wieder an, eine Pop-Nation zu werden. Den Hype zum Anlass nehmend blickt das Filmarchiv Austria zurück: auf die erste große Welle des Austropops, als lokale Sängerikonen wie Ambros, Fendrich und Hansi Lang nicht nur die Charts hochrasten, sondern auch die Kinoleinwände bevölkerten – mit durchaus sehenswerten Ergebnissen. Bonustrack: zwei filmische Zeitkapseln als aus dem ORF-Archiv.

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