Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Jedes Jahr Nie Wieder
Dokumentarfilm, AT 2015, Farbe, 95 min.
Diagonale 2016

Regie: Paul Buchinger, David Pichler
Buch: Paul Buchinger
Kamera: David Pichler
Schnitt: David Pichler
Originalton: Lukas Roher
Sounddesign: Lukas Roher
Produzent:innen: David Pichler
Produktion: David Pichler

 

Jedes Jahr Nie Wieder thematisiert den jährlich stattfindenden „Wiener Akademikerball“ – Treffpunkt von Burschenschaftern und rechtsextremer Prominenz – und die linken Proteste gegen ihn. Warum reagieren Polizei und Boulevardmedien derart sensibel auf Demonstrationen wie diese? Mit kritischem Blick auf den repressiven Umgang mit antifaschistischen Aktivist/innen suchen die Regisseure im rechten wie auch im linken Lager nach Antworten. Ein Informationsfilm über einen vermeintlich harmlosen Ball als Spiegel von Nation und Gesellschaft.

Februar 2014: Einer tänzerischen Choreografie gleich, unterlegt mit klassischen Walzerklängen, formiert sich die Polizei. Sie bereitet sich auf den jährlichen „Wiener Akademikerball“ vor, eine der umstrittensten Veranstaltungen in Österreich. Die massive Aufrüstung der Exekutive hat jedoch nicht die Versammlung von Burschenschaftern und rechtsextremer Politikprominenz, die aus ganz Europa in die Hofburg kommen, im Visier, sondern die Aktivist/ innen, die gegen den Akademikerball demonstrieren und vor denen die Ballbesucher/innen „geschützt“ werden sollen.
Paul Buchinger und David Pichler befragen Protagonist/ innen aus Politik, Kultur und Wissenschaft zum Event und zu den Gegenprotesten – von Andreas Mölzer, einem der führenden heimischen deutschnationalen Ideologen, über den „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk, Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Eva Blimlinger, Historikerin und Rektorin der Akademie der bildenden Künste, bis zu den Vertreter/innen der Protestbündnisse „NoWKR“, „Offensive gegen Rechts“ und „Jetzt Zeichen setzen“.
Einen zentralen Aspekt des Films bildet der Fall des 2014 verurteilten Demonstranten Josef S. – Bauernopfer von Justiz und Medien, wie es in Jedes Jahr Nie Wieder heißt –, der auch außerhalb Österreichs für Empörung sorgte. Mit der Causa rückt nicht nur die Frage nach der (Selbst-)Kontrolle des Staatsapparats in den Vordergrund, sondern auch jene nach dem Umgang mit linken Aktivist/innen im Allgemeinen: Warum reagieren die österreichische Gesellschaft und ihr Boulevard derart sensibel auf antifaschistische Proteste? Eine Frage, die nicht von allen gerne diskutiert wird: Die Vertreter/innen der linken Protestbündnisse formulieren offen ihre Kritik, hingegen wird der Interviewtermin mit dem Pressesprecher der Polizei immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten vertagt, und die Betreiber/innen der Hofburg rechtfertigen die Durchführung der Veranstaltung lapidar mit ökonomischen Gründen. Auch die Burschenschafter der ältesten Verbindung in Österreich, der Wiener „Libertas“, weichen dem Thema aus. Ihnen widmen Buchinger und Pichler ein Porträt, das sowohl deren beunruhigendes ideologisches Korsett als auch den Alltag der deutschnationalen Verbindung skizziert.
Jedes Jahr Nie Wieder selbst bezieht eindeutig Stellung. Das Urteil: Während der politisch fragwürdige Akademikerball vom Gros der österreichischen Bevölkerung weitgehend geduldet wird, werden die Demonstrant/innen medial angeprangert und zum öffentlichen Feindbild erklärt. Strukturelle Gewalt stört scheinbar niemanden, zerschlagene Fensterscheiben sehr wohl. Kapitalismus und rechte Ideologien, vereint in der Mitte der Gesellschaft – der Ball als Spiegel einer Nation.
(Katalogtext, mk)

fb.com/jedesjahrniewieder

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