OMSCH
Dokumentarfilm, AT 2013, Farbe, 83 min., OmeU
Diagonale 2014
Regie: Edgar Honetschläger
Buch: Edgar Honetschläger, Stefan Fauland
Darsteller:innen: Pauline Schürz, Edgar Honetschläger
Kamera: Edgar Honetschläger, Daniel Hollerweger
Schnitt: Edgar Honetschläger, Stefan Fauland
Musik: Morton Feldman
Sounddesign: Georg Mittermayr
Produzent:innen: Edgar Honetschläger, Yukika Kudo
Produktion: EDOKO INSTITUTE
Koproduktion: Kulturverein FRANKLY SPEAKING
„Wenn du diesen Saft trinkst, wirst du 100 Jahre alt“, sagt der junge Mann zu seiner alten Nachbarin. „Ich bin auch ohne Saft 100 Jahre alt geworden“, entgegnet diese. Humor und Witz bilden die Basis einer Freundschaft, die mehr als ein halbes Jahrhundert Altersunterschied überbrückt und die 102-Jährige sagen lässt: „Das Schönste für mich ist das Alter.“ (Produktionsnotiz)
www.facebook.com/omsch, www.stadtkinowien.atFilmgespräch mit: Edgar Honetschläger, Stefan Fauland
Katalogtext Diagonale 2014:
Am Tag vor ihrem hundertsten Geburtstag steht die rüstige Omsch (Kosename für Großmutter) mit violettem Haarband in der Küche ihres Nachbarn Edgar Honetschläger und ulkt über die fragliche geschmackliche Sinnhaftigkeit, Obst und Gemüse in einem Getränk zu vermischen. Eine für den Film exemplarische Szene, voller Witz und Koketterie. Mehr als ein halbes Jahrhundert trennt die Geburt der Jubilarin von jener des Filmemachers. Der innigen Freundschaft tut dies indes keinen Abbruch. Tatsächlich zeugen die dokumentierten Unterhaltungen des lediglich äußerlich ungleichen Duos von einer tief gehenden Herzlichkeit. Gezwungene Altenbesuche sehen definitiv anders aus.
Die letzten neun Jahre im nachbarschaftlichen (Zusammen-)Leben hat Honetschläger sporadisch und weitgehend versteckt mit der Kamera begleitet: Gespräche, Ausflüge, Alltag. Es sind formal notgedrungen rohe, jedoch nie sentimentale Zeugnisse einer ungewöhnlichen Beziehung und einer ebenso ungewöhnlichen Frau, deren Scharfsinn und Humor das Alltägliche weit über das Gewöhnliche heben. Freudvoll sinniert sie über ihre Liebe zu Wien oder das „Falottentum“ des Papstes. Von Todesangst oder altersbedingtem Lamentieren fehlt jede Spur, die Jahre zwischen achtzig und 102 beschreibt Omsch als die spannendsten ihres Lebens.
Immer wieder kontrastieren Super-8-Aufnahmen aus Tokio oder New York das eng gesteckte Set des „Kammerlfilms“. Sie kennzeichnen die zahlreichen Auslandsaufenthalte Honetschlägers, während derer die beiden Freund/innen per Briefverkehr Kontakt halten. Im Off verlesen, erzählen die Texte von Glück, Sehnsucht und Heimweh, aber auch von der poetischen Wortgewalt einer vergangenen Schriftzeit. So ist Omsch nicht bloß ein Porträt, sondern auch ein sehr persönliches Dokument über das Weggehen, das Wiederheimkommen und das Irgendwann-für-immer-Wegbleiben – im geografischen wie auch existenziellen Sinn. (red)
Der Film hatte lange Zeit einen Untertitel, den ich letztlich gestrichen habe: Plädoyer für das hohe Alter. Ich bin davon überzeugt, dass die Auseinandersetzung zwischen Alt und Jung für beide Seiten extrem bereichernd ist, auch wenn das jetzt wie eine Plattitüde klingt. Mit dem Alter entsteht für einen Menschen viel Freiheit, da man niemandem mehr etwas beweisen muss. Omsch hat so unglaublich viel Freiheit repräsentiert, und es ist schön, das zu beobachten und es vielleicht auch anzunehmen. (Edgar Honetschläger, AFC-Interview)