Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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DENN SIE WISSEN, WAS SIE TUN
Dokumentarfilm, AT 2022, Farbe, 120 min., dOF
Diagonale 2022

Regie, Buch, Kamera: Gerald Igor Hauzenberger
Darsteller:innen: Michael Bonvalot, Alexander Ehrlich, Numan Mohammad
Schnitt: Stefan Fauland
Originalton: Geri Rauscher
Musik: Martin Mitterstieler
Sounddesign: Lara Zill, Sophie Wasserburger
Weitere Credits: Grafik, Art Design: Tatjana Flatz, Stefanie Edelhofer 2nd Unit Kamera: Dominik Spritzendorfer, Oleksandra Kurbala, Geri Rauscher
Produzent:innen: Gerald Igor Hauzenberger
Produktion: Framelab Filmproduktion

 

Inmitten der Proteste gegen die Coronaschutzmaßnahmen. Gemeinsam ergreifen Menschen den öffentlichen Raum, schwenken Fahnen, skandieren Parolen. Der Film begleitet drei Männer, die aus unterschiedlichen Perspektiven auf die neu formierte Bewegung und dabei immer auch auf sich selbst schauen. Mit dem Handy stets das eigene Bild in der Hand sprechen sie über ihre Vorstellungen von Freiheit – und darüber, dass sie abgeschafft würde.

Protest breitet sich aus. Gemeinsam ergreifen Menschen den öffentlichen Raum, schwenken Fahnen, skandieren Parolen. Straßen und Plätze sind keine Orte der Begegnung, sondern Orte der Konfrontation: in Zeichen, Worten, Taten. Diese scheinen sich bei den Wiener Demonstrationen gegen die Coronaschutzmaßnahmen aus ihren angestammten Kontexten zu lösen. Zu sehen sind vermeintlich neue Koalitionen, andere Inszenierungen.
Gerald Igor Hauzenbergers Film umfängt seine Zuschauer*innen mit diesen Eindrücken, orientiert sich in der Masse. Unmittelbar ist man dabei, wie „bedingungslos friedlich“ in Gewalt, Argument in Hetze kippt. Der Titel des Films nimmt vorweg, dass diese Eskalationen kein Zufall sind: DENN SIE WISSEN, WAS SIE TUN. Die Kamera begleitet drei Protagonisten, die aus verschiedenen Blickwinkeln auf die Proteste schauen, ihnen aus sehr unterschiedlichen Motiven nahe sind. Alexander Ehrlich beklagt die vermeintliche Abschaffung aller Freiheitsrechte und agitiert betend gegen die Maßnahmen zur Pandemieeindämmung. „Das sind die Bilder, für die wir hierhergekommen sind“, kommentiert er zufrieden sein Handyvideo, während die Farben des Regenbogens neben Schwarz-Rot-Gold wehen. Er selbst bleibt im Wald der Zeichen unverwechselbar. Ein „gewisser Wiedererkennungswert“ sei wichtig, bemerkt er, seinen Kleidungsstil erläuternd. Michael Bonvalot berichtet derweil als „Journalist mit Meinung und Haltung“ von den Protesten. Im Livestream beschreibt er die Lage, macht auf die Allianz diverser rechtsextremer Gruppen aufmerksam, die die Aufmärsche organisiert. Ein riskantes Unterfangen. Mit Schulterpolstern und Helm filmt er zwischen Blümchenkleidern und Aluhüten für seine Follower*innen. Numan Mohammad hat, ebenso wie Ehrlich und Bonvalot, sein Bild selbst in der Hand – allerdings zur Rückschau statt zur Inszenierung: „Damals war ich euer Held“, sagt er mit Blick auf ein Handyvideo, auf dem er bei den Protesten Geflüchteter 2012 zu sehen ist. Enttäuscht von der Bewegung hat er sich abgewendet, sieht sich inzwischen als ohnmächtigen Teil eines Systems statt in der organisierten Opposition. Vermag er bei den heurigen Demonstrationen Anschluss zu finden? Wie passen seine Zeichen in die Ästhetik des „neuen Widerstands“?
Im, über und nach dem Protest: Hauzenberger verwebt die Bilder, die die Männer von sich entwerfen, mit deren Begriffen von Freiheit. Die belebten Szenen auf der Straße werden ergänzt durch Interviewsequenzen und private Einblicke. In der Montage entsteht so immer wieder Kontext, der Selbstbilder rahmt, einhegt und hinterfragt. Wem nützt der Protest? Von wessen Freiheit ist hier die Rede?
(Katalogtext, as)

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