Der Hofrat Geiger
AT 1947, Schwarzweiß, 97 min.
Diagonale 2016
Regie: Hans Wolff
Buch: Hans Wolff, Martin Costa nach dem gleichnamigen musikalischen Lustspiel von Martin Costa
Darsteller:innen: Hans Moser, Paul Hörbiger, Maria Andergast, Waltraut Haas, Louis Soldan u. a.
Kamera: Rudolf Icsey, Ladislaus Szemte
Musik: Hans Lang
Produktion: Willy Forst-Filmproduktion
Von Der Hofrat Geiger ist vielen nur
das „Mariandl-Lied“ in Erinnerung
geblieben. In der Erfolgsproduktion
werden aber auch – in der
Verkleidung eines Heimatfilms –
Vergangenheitsbewältigung und
Wiedergutmachung erprobt: Paul
Hörbiger gibt einen 1938 pensionierten
Hofrat den nach dem Krieg
die (private) Geschichte einholt. In
der unzerstörten Wachau versöhnt
der Film schließlich mit den plötzlich
so fern scheinenden Gräueln
der Geschichte.
Die Handlung spielt unmittelbar nach dem
Zweiten Weltkrieg. Der 1938 aus politischen Gründen
pensionierte Wiener Hofrat Geiger erfährt aus
alten Akten in einem zerstörten Regierungsgebäude
von der Existenz einer erwachsenen Tochter, die er
gemeinsam mit seiner Jugendliebe hat. In Begleitung
seines ehemaligen Büroleiters Ferdinand
Lechner, der ihm immer noch ausschließliche Ergebenheit
bekundet, sucht Geiger die beiden Frauen in
ihrem Wachauer Heimatort auf, bemüht sich um eine
verspätete Wiedergutmachung und findet tatsächlich
zu neuem Lebensglück.
Damals populäre Schlager wie „Mariandl“ peppen
das Lustspiel etwas auf, das im übrigen nach
den üblichen Mustern abläuft. Bemerkenswert sind
allerdings einige Szenen zu Beginn des Films, wenn
Ansichten vom zerbombten Wien gezeigt werden,
und der typische narrative Gestus, der sich damit
verbindet. Denn „in der Auswahl seiner Bilder wendet
sich das österreichische Erzählkino in der Regel von
der Welt der Trümmer ab: Hunger, Zerstörung, die
Straßenbahnen, die nicht fahren, der elektrische
Strom, der nicht fließt, taugen nicht als Filmbilder
und bleiben gelegentlich aufblitzende Marginalien.“
(Elisabeth Büttner, Christian Dewald)
Der Hofrat Geiger zählte zu den wirtschaftlich
erfolgreichsten österreichischen Nachkriegsfilmen
und hat das Heimatfilmgenre für die kommenden
Jahre prototypisch positioniert. Im Unterschied zu
den später nur noch als Fremdenverkehrskulisse
aufgezogenen Österreich-Bildern bleibt diese Produktion
in Momenten noch durchlässig für Wirklichkeitseinblendungen.
„Dieser Film spielt im heutigen
Österreich, das arm ist und voller Sorgen“, heißt es
im Vorspann, „doch – haben Sie keine Angst – davon
zeigt er Ihnen wenig. Er geht an der Zeit nicht vorbei,
er erzählt nur, dass vieles – wenn man will – auch eine
heitere Seite haben kann.“ In diesem Sinn schreibt
Der Hofrat Geiger das Programm von Die Welt dreht
sich verkehrt fort. Erzählt wird auch die
Geschichte einer Wiedergutmachung: Geiger strebt
die Versöhnung mit der vor dem Krieg gezeugten
unehelichen Tochter Mariandl und ihrer Mutter an,
verlagert sie aber auf eine private, persönliche Ebene.
Hier lassen sich Fragen von Schuld und Verantwortung
jedenfalls schmerzfreier aushandeln.
(Ernst Kieninger)