Diagonale
Diagonale
Diagonale
Diagonale
Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

Archivsuche

Suchen nach:
Jahr:
Titel:
Genre:

Stimmen
Spielfilm, AT 2014, Farbe, 115 min., OmeU
Diagonale 2015

Regie, Buch, Schnitt: Mara Mattuschka
Darsteller:innen: Alexander Fennon, Julia Schranz, Sandra Bra, Stephanie Cumming, Raphael Nicholas, Peter Badstübner
Kamera: Sepp Nermuth
Originalton: Werner Beham
Musik: Roumen Dimitrov
Sounddesign: Axel Rab
Szenenbild: Mara Mattuschka, Christoph Parzer
Kostüm: Andrea Gergely, Kali Edri
Produktion: Mara Mattuschka

 

Während Alex Gottfarb in der Opernwelt für seine Stimme bejubelt wird, wohnen und walten in ihm noch weitere. Sie alle teilen sich seinen Körper als surreale Wohngemeinschaft und dringen vorerst unbemerkt mit ihm bzw. durch ihn in die mutmaßliche Realität vor – bis innere und äußere Wirklichkeit nicht mehr zu unterscheiden sind. Ein Plädoyer für jegliche Ausdrucksform von Geist und Körperlichkeit, ein leidenschaftlich physischer Bildersog aus Schauspiel, Tanz, Performance und visualisierter Traumséance.

Katalogtext Diagonale 2015:
Ich existiere, ich bin da. So wie du da bist, werde ich da sein. (Sandra, Filmzitat)

Alex Gottfarb, der Orpheus einer aktuellen Festwochenproduktion, gilt als einer der besten Countertenöre der Welt. Während er in der Opernszene für seine Stimme bejubelt wird, wohnen und walten in ihm noch weitere: Da wären Alexander, der Autist, Lexi, der junge Wilde, Sandra, die sexy Verführerin, und Xandi, das Kind. Sie alle teilen sich Alex’ Körper als surreale Wohngemeinschaft und dringen vorerst unbemerkt mit ihm bzw. durch ihn in die Außenwelt und mutmaßliche Realität vor: in die Opernprobe, in die Therapiesitzung, ins Privatleben und in die Schwulenkneipe ums Eck. Mal aggressiver, mal zurück- haltender – abhängig von der jeweiligen Stimmungs- oder vielmehr Stimmenlage – frönen sie dort ihrer individuellen (Lust-)Befriedigung und lassen sowohl Alex als auch dessen Mitwelt irritiert zurück. Hat die Imago-WG nämlich „Ausgang“, erleidet der Hausherr Blackouts – und doch ist es immer er selbst. Während er nach seiner eigenen, vielleicht wahren Stimme fahndet (und vermehrt übertönt wird), beginnen sich innere, äußere, Show- und Bühnenwelt wechselseitig zu durchdringen. Alsbald wird die Unterscheidung für sämtliche Beteiligten unmöglich, und die Liebe nimmt interreale Auswüchse an.

Diese Hybridität übersetzt sich visuell in ein formales Experiment aus multiplen theatralen und filmischen Artikulationsweisen: Irgendwo zwischen Schauspiel, Tanz, Performance und visualisierter Traumséance entfacht Stimmen einen regelrecht physischen Bildersog, der unverkennbar „MATTUSCHKA“ schreit, ohne jemals bemüht zu wirken. Verzerrende Nahaufnahmen und expressionistisch anmutende Blick- und Kameraperspektiven kennzeichnen Realität und Kunst als nicht auseinanderzudividierende Sphären. So muss der im Film von einem Opernregisseur formulierte Aufruf zu mehr Sachlichkeit zumindest auf der Metaebene scheitern. Mattuschkas Bilder (und Stimmen) tönen gewohnt extrovertiert von Hedonismus und Laster- haftigkeit. Ein Plädoyer für jegliche Ausdrucksform von Geist und Körperlichkeit. (sh)

Consent Management Platform von Real Cookie Banner