Erik & Erika
Spielfilm, AT/DE 2018, Farbe, 98 min., OmeU
Diagonale 2019

Regie: Reinhold Bilgeri
Buch: Dirk Kämper
Darsteller:innen: Markus Freistätter, Marianne Sägebrecht, Cornelius Obonya, Ulrike Beimpold, August Schmölzer, Rainer Wöss, Gerhard Liebmann, Birgit Melcher, Lili Epply
Kamera: Carsten Thiele
Schnitt: Karin Hartusch
Originalton: Roman Schwartz
Musik: Raimund Hepp
Sounddesign: Jochen Fenzl
Szenenbild: Bertram Reiter
Kostüm: Brigitta Fink
Produzent:innen: Tommy Pridnig, Peter Wirthensohn, Michael Souvignier, Till Derenbach
Produktion: Lotus-Film GmbH
Koproduktion: Zeitsprung Pictures GmbH (DE)
1966 beklatscht ganz Österreich die
Weltmeisterin in der Damenabfahrt.
2014 sorgt dieselbe Person in der
TV-Show Dancing Stars für ähnlichen
Trubel – allerdings als Mann.
Die unglaubliche Geschichte von
Erik(a) Schinegger, die wahre Geschichte
eines vermeintlich gebrochenen
Menschen, der sich in einer
stigmatisierenden und tabuisierenden
Gesellschaft couragiert und
selbstbewusst behaupten konnte.
1948 kommt in Kärnten ein Kind zur Welt und
wird Erika getauft. Am elterlichen Hof hilft Erika früh
mit; „wie ein Mädchen“ will sie sich aber nie verhalten:
Sie fährt Traktor, repariert, was sie finden kann, und
sobald etwas Schnee liegt, schraubt sie Bindungen
auf passende Holzbretter und fährt Ski, wann immer
sie kann. Schnell wird klar: Erika ist ein Ausnahmetalent.
Der ÖSV nimmt sie unter seine Fittiche, und
über Nacht wird sie zum Shootingstar. Bis eine medizinische
Untersuchung vor den Olympischen Spielen
in Grenoble 1968 ergibt: Erika Schinegger ist männlich.
Der ÖSV drängt auf eine Anpassungsoperation,
der Verdacht wird laut, Erik/a hätte absichtlich betrogen.
Die Eltern geben keine Stütze – doch Erika entscheidet
sich für die Operation.
Reinhold Bilgeri inszeniert die unglaubliche
Geschichte des intersexuellen Skirennläufers Schinegger
mit konsequentem Nachdruck auf die Hauptfigur.
Darsteller Markus Freistätter kann ihre Ambivalenzen
feinsinnig ausloten. Was der ÖSV als den
„größten Skandal“ in seiner Geschichte beschrieb,
hatte stets die Verleugnung des Menschen dahinter
zur Folge. Bilgeri holt ihn nun adäquat ins Rampenlicht
– und erweist ihm alle Ehre: Mit Fortschreiten
des Films überhöht er Schinegger allmählich zum
tapferen Superhelden des Skisports – und der Nation.
(Katalog, az)
Eine sehr österreichische Geschichte über Tabus
und Verdrängung, Verlogenheit und Niedertracht,
Siegeswillen und Erlösung, Triumph und Niederlage.
(…) Ein Opfer ohne jede Schuld, von einer gnadenlosen
Journaille über die Medienbühne geschleift – das
ist eine Geschichte, die erzählt werden musste, und
zwar auf großer Leinwand, um die Besudelung der
Würde eines (…) stigmatisierten Menschen deutlich
zu zeigen.
(Reinhold Bilgeri)
Der Film kommt gerade recht, einerseits zu
den Siegen bei den Olympischen Spielen, andererseits
zu den Vorwürfen von sexuellem und anderem
Missbrauch im Österreichischen Skiverband. (…)
Ein gelungener Film, der daran erinnert, wie sich in
wenigen Jahrzehnten Liberalität und Toleranz weiterentwickelt
haben.
(Barbara Petsch, Die Presse)
Stimmig ist Erik & Erika, wenn der Film jene
Tabus abzirkelt, die Mitte der 1960er-Jahre noch
nicht einmal Namen hatten. Kann eine Frau auch
Mann sein? Was ist ein sexueller Übergriff? Wie weit
dürfen Männer in ihren Vorurteilen gegen Frauen
gehen? Darüber hat Erik & Erika einiges zu berichten.
(Wolfgang Paterno, profil.at)