Lourdes
Spielfilm, AT/FR/DE 2009, Farbe, 99 min., OmdU
Diagonale 2020
Regie: Jessica Hausner
Buch: Jessica Hausner
Darsteller:innen: Sylvie Testud, Léa Seydoux, Gilette Barbier, Gerhard Liebmann, Bruno Todeschini, Elina Löwensohn u. a.
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Karina Ressler
Originalton: Uve Haußig
Weitere Credits: Dramaturgie: Géraldine Bajard
Produzent:innen: Bruno Wagner
Produktion: coop99 filmproduktion
Koproduktion: Essential Filmproduktion (DE), Société Parisienne de Production (FR), Thermidor Filmproduktion
Mit ihrem eingespielten Team realisierte Jessica Hausner Lourdes. Das Drehbuch zu diesem Drama über die Wunderheilung der an Multipler Sklerose erkrankten Christine, die in den Wallfahrtsort Lourdes reist und plötzlich wieder gehen kann, verfasste Hausner selbst. Der experimentelle Kurzfilm Arabesque for Kenneth Anger von Marie Menken mit Musik von Teiji Ito komplettiert den Programmslot.
Gemeinsam mit ihrem eingespielten Team realisierte Jessica Hausner Lourdes (2009). Der Film ist
eine österreichisch-deutsch-französische Koproduktion und wurde in Frankreich mit den Schauspielerinnen Sylvie Testud und Léa Seydoux in den Hauptrollen
gedreht. Hausner schrieb selbst das Drehbuch zu diesem Drama über die Wunderheilung der an Multipler
Sklerose erkrankten Christine. Die junge Frau sehnt
sich nach einem Leben ohne Rollstuhl, und obwohl sie
nicht an Wunder glaubt, fährt sie in den Wallfahrtsort
Lourdes. Eine junge Nonne begleitet sie und macht ihr
ein wenig Hoffnung auf Heilung. Erstaunlicherweise
kann Christine plötzlich wieder gehen. Doch wie lange
wirkt ein Wunder? Jessica Hausner zeigt die Ambivalenz zwischen Glauben, Hoffen und der kalkulierten
Vermarktung von Spiritualität. Bei den Filmfestspielen von Venedig, wo Lourdes Premiere feierte, wurde
der Film mit dem FIPRESCI-Preis der internationalen
Filmkritik ausgezeichnet.
(Katalogtext, ast)
Das Drama, um das es in Lourdes geht, handelt
davon, dass man eben hofft, alles möge gut ausgehen. Man erwartet sich Liebe, hat Sehnsucht, hofft,
dass irgendwer ein Netz aufspannt, dass man geborgen ist. Im Gegensatz dazu erkennt man jeden Tag,
dass dem nicht so ist, dass das Weltall dunkel und
kalt ist und man am Ende sterben wird. Dass das,
was man tut, vielleicht gut ist, aber nicht dazu führt,
ein erfülltes, glückliches Leben zu haben. Es geschehen andere Dinge, egal ob man diese „Zufall“, „Glück“
oder „Gott“ nennt, die stärker sind und ihren Einfluss
nehmen, und die Dinge nehmen einen unerwarteten
(unerwünschten oder unverhofften) Verlauf. Dieser
Gegenpart ist mächtig und hat viel mit der Willkür der
Ereignisse zu tun.
(Jessica Hausner)
Die große Stärke des Films besteht in seiner
distanzierten Darstellung sowohl der religiösen als
auch der zwischenmenschlichen Handlungen. Hausner geht mit dem teilnahmslos beobachtenden Blick
ihrer Protagonistin den Glaubensgeschäften nach,
ohne sich im Trubel des Wallfahrtsortes oder dem
Versuch einer satirischen Darstellung zu verlieren.
Zwischen Dokumentation und Inszenierung schwankend (für Massenszenen etwa wurden keine Statisten
engagiert, sondern beispielsweise bei einer Segnung
in Absprache mit den Priestern der übliche Betrieb
gefilmt), wird hier das Geschehen in und um Lourdes
nicht in aufdringlicher Weise gewertet. Es dient vielmehr als Schauplatz für das eigentliche Thema, das
Wunder und seine ambivalenten Auswirkungen auf
die Beteiligten.
(Helene Sorgner, Ray Filmmagazin)