Diagonale
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Eisenhans
Spielfilm, BRD 1983, Farbe, 109 min., dOF
Diagonale 2024

Regie: Tankred Dorst
Buch: Tankred Dorst, Ursula Ehler
Darsteller:innen: Gerhard Olschewski, Susanne Lothar, Hannelore Hoger, Michael Habeck, Hans-Michael Rehberg, Angelika Milster
Kamera: Jürgen Jürges
Schnitt: Stefan Arnsten
Originalton: Günther Stadelmann
Musik: Bert Grund
Szenenbild: Peter Pabst
Kostüm: Peter Pabst
Produzent:innen: Helmut Krapp
Produktion: Bavaria, Westdeutscher Rundfunk (WDR)

 

Tankred Dorsts Verfilmung seines eigenen Romans bezieht ihre dramatische Wucht nicht nur aus der unabwendbaren Tragödie rund um den grobschlächtig wirkenden Lkw-Fahrer Schroth (Gerhard Olschewski) und seine behinderte Tochter Marga (Susanne Lothar), sondern auch aus den Schwarzweiß-Bildern von Kameramann Jürgen Jürges. „Ein böses deutsches Märchen“ sei sein Eisenhans geworden, so Dorst über sein Regiedebüt, in dem sich dank Jürges’ Bildgestaltung das Märchenhafte hinter der rauen Wirklichkeit verbirgt.

Bei Eisenhans hatte ich den Kameramann Jürgen Jürges, wir haben uns sehr gut verstanden. Ich hatte mir ursprünglich gedacht, dass man diese Geschichte farbig, in grellen, expressionistischen Bildern drehen könnte, wie die Bilder von Beckmann. Eher unrealistisch also. Aber Jürgen Jürges ist ein Impressionist von seiner Natur her. Das ist ja eine Charakterfrage. Ich habe die ursprüngliche Idee dann aufgegeben, habe umgedacht. Also schwarzweiß. Die Bilder waren dann für die Geschichte sehr richtig und gut. (…) So eine grüne Postkartenlandschaft wie aus dem Bayerischen oder aus dem Fichtelgebirge, das wollte ich nicht. Ich finde schwarzweiß nicht immer schöner, aber manchmal richtiger. Schwarzweiß ist eine Stilisierung, die einem realistischen Stoff sehr guttut. (Auszug aus einem Gespräch mit Tankred Dorst, geführt von Christoph Hochhäusler und Nicolas Wackerbarth im Rahmen der Veranstaltung „Revolver Live!“ am 1.10.2007)

Eisenhans erzählt eine traurig alltägliche Vater-Tochter-Inzestgeschichte: Gerhard Olschewski und Susanne Lothar spielen sie mit einer leisen, bewegenden Innigkeit. Die Tochter gilt als schwachsinnig; der Vater, ein unbeholfener Kraftkerl, der ihr von seinen Berlin-Touren als Lkw-Fahrer kindische Geschenke mitbringt, liebt in ihr sein eigenes Unglück. Statt die Missratene schamhaft zu verstecken, wie sich das gehörte, tanzt er mit ihr auf jeder Kirchweih und prügelt sich mit denen, die das blöde Kind auslachen – vielleicht erst das Gerede, dass das nicht normal sei, und der gehässige Tratsch (auch der eigenen Frau) treiben ihn in die Arme der Tochter, in das Katastrophenglück, den Untergang. (…) Tankred Dorst lässt sich tief in die Engelsträume und Todesphantasien seines Eisenhans hineinziehen, in die Schönheit des Chaos; so gewinnt dieser seltsame Film selbst mehr und mehr den Sog der Liebe, von der er erzählt: das Märchen vom Glück, das ein Unglück ist. (Urs Jenny, Der Spiegel 15/83)

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