... ned, tassot, yossot ...
Dokumentarfilm, AT 2023, Farbe, 96 min., OmdU
Diagonale 2023
Regie, Buch: Brigitte Weich
Kamera: Judith Benedikt
Schnitt: Barbara Seidler, Monika Willi
Originalton: Cordula Thym
Produzent:innen: Brigitte Weich
Produktion: Ri Filme
Rund fünf Jahre nach ihrem Film Hana, dul, sed ... aus dem Jahr 2009 kehrt Brigitte Weich nach Nordkorea zurück, um vier Fußballerinnen der Nationalmannschaft zu befragen, wie sich ihre Leben weiterent-wickelt haben. Im freundschaftlich-kollegialen Miteinander mit den Protagonistinnen entsteht eine Arbeit, die nicht nur über das Leben als Profisportlerin in Nordkorea zu berichten weiß, sondern die Frage nach den Bildern stellt, die wir alle uns machen, um der Welt Sinn zu geben.
Zwischen 2003 und 2007 dreht Brigitte Weich
einen Dokumentarfilm über vier Frauen der nordkoreanischen
Fußball-Nationalmannschaft. Dieser
kommt 2009 als Hana, dul, sed ... ins Kino. Rund fünf
Jahre später wird der Film in Anwesenheit der mitwirkenden
Sportlerinnen Ri Jong Hi, Ra Mi Ae, Jin Pyol
Hi und Ri Hyang Ok in Pjöngjang gezeigt. Weich und
ihr Team sind dabei, um das Ganze einzufangen und
in anschließenden Gesprächen mit den Frauen nachzufragen,
wie sich deren Leben – nach dem ersten
Film und nach den großen Erfolgen als Teil des Nationalteams
– entwickelt haben. An Orten, die sie sich
selbst aussuchen, erzählen die Frauen von der Gegenwart
und blicken zurück auf ihre Karrieren, reflektieren
über ihre Rolle in der nordkoreanischen Gesellschaft
und artikulieren Wünsche für die Zukunft.
... ned, tossot, yossot … gelingt die feine Balance,
von außen und dennoch involviert auf diese Leben
innerhalb einer Gesellschaft, die in ihren Strukturen
und Grundideen einer westlichen diametral entgegenzustehen
scheint, zu blicken. Dabei stellt Weich
niemals „die anderen“ her, die ein exotisierender Blick
üblicherweise braucht, um sich abzugrenzen und
Stabilität zu suggerieren. Eher hat man den Eindruck,
einem freundschaftlich-kollegialen Miteinander
zwischen der Filmemacherin und ihren Protagonistinnen
zuzusehen: So dürfen sich die Frauen selbst –
im Bild wie im Sprechen – darstellen und mitinszenieren,
und zugleich reagiert die Montage auf ihre
Aussagen und Setzungen, um diese mal zu unterstreichen,
mal zu hinterfragen und sie ein anderes Mal
um eine Perspektive zu ergänzen.
So ist ... ned, tossot, yossot ... mehr als bloß ein
Film über die vier Frauen in seinem Zentrum. Die
konkrete gelebte und von ihnen vermittelte Realität
trifft auf die abstraktere Frage nach den Bildern,
die wir uns machen: Wer erzeugt welche Bilder –
dokumentarische und inszenierte, gefilmte und
gemalte, imaginäre und ideologische, bewegt-projizierte
auf der Leinwand und stillstehend-gerahmte
in öffentlichen Räumen – von Frauen, von Nordkorea,
von Fußball, von „uns“ und den „anderen“, von Despot*
innen, Demokrat*innen und Bürger*innen? Dabei
arrangiert der Film die Beziehungen – zwischen
den Bildern, zwischen den Blickenden und den Erblickten,
zwischen der Filmemacherin und ihren
Protagonist*innen – auf eine Weise, die es ermöglicht,
im Akt des Blickens zugleich die Bedingungen
des Blicks zu befragen.
(Katalogtext, ab)