Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Das Fieber
Dokumentarfilm, AT/DE/CH 2019, Farbe, 99 min., OmeU
Diagonale 2020

Regie, Buch: Katharina Weingartner
Darsteller:innen: Rehema Namyalo, Richard Mukabana, Patrick Ogwang, Paul Mwamu
Kamera: Siri Klug
Schnitt: Andrea Wagner
Originalton: Patrick Becker, Richard Fleming
Musik: Ayub Ogada, Cinderella Sanyu
Sounddesign: Peter Braeker
Produzent:innen: Markus Wailand
Produktion: pooldoks Filmproduktion KG

 

Diagonale’20 – Die Unvollendete. Die Diagonale’20 wurde aufgrund der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 abgesagt.

Seit über zweitausend Jahren kennt man die Heilpflanze Artemisia annua. Eines ihrer größten Potenziale: Sie heilt Malaria und schützt vor der Krankheit, die südlich der Sahara im Minutentakt tötet. Katharina Weingartner begibt sich in Das Fieber auf die Suche nach Zusammenhängen, enttarnt die Global Player der Epidemie, die vom Kampf gegen die Krankheit profitieren. Ihr Film deckt auf, erschüttert und ist gleichzeitig ein Beweisstück für die entnebelnde Kraft von Wissen.

Nachdem Rehema Namyalo über die Wirkung der Pflanze Artemisia aufgeklärt hat, bekommt jeder ein Töpfchen mit nach Hause. In ihm: ein zartes, unscheinbares Gewächs. Die Bewohner/innen des Dorfes sollen Artemisia selbst anbauen, um sich vor einer Krankheit zu schützen, die alle sechzig Sekunden das Leben eines Kindes fordert: Malaria. Katharina Weingartner hat für ihren neuen Film verschiedene Länder Ostafrikas besucht, mit Menschen in Uganda, Tansania und Kenia gesprochen. Das Fieber deckt langsam, doch immer unverkennbarer die Dimensionen eines Leidens auf, in das zahlreiche Global Player involviert sind, allen voran die Pharmaindustrie im Zusammenspiel mit der WHO, einem der wichtigsten Steuerungsorgane des afrikanischen Gesundheitssystems. Hier laufen Fäden zusammen, die für das Wohl eines ganzen Kontinents von Bedeutung sind. So trägt die WHO etwa die Verantwortung dafür, dass in Afrika zehn Jahre lang nur ein einziges Medikament gegen Malaria vertrieben werden darf – Coartem des Schweizer Pharmakonzerns Novartis. Obwohl bewiesen ist, dass der Parasit Resistenzen gegen das Medikament entwickelt hat und es zudem teuer importiert werden muss, ist Coartem nach wie vor das verbreitetste Mittel. Und damit fließt auch das Geld zurück in den Westen, der Afrika mit seinen Spendenprogrammen doch so großzügig unterstützt.
Aber die Suche dringt tiefer. Sie reicht vom Reisanbau, der perfekte Brutbedingungen für die Larven der Malariamücke bereitstellt, über japanische Moskitonetze, in denen Insektizide enthalten sind, die Menschen krank machen, bis zum biologischen Mückenbekämpfungsmittel BTI, das aus den USA eingekauft werden muss, obwohl es sich leicht lokal herstellen ließe. Das Fieber enttarnt die Profiteure einer Epidemie, die auch ohne Einsatz aufwendiger, schädlicher und kostenintensiver Methoden einzudämmen wäre. Und erteilt jenen das Wort, die auf kleinerer Ebene das Leben vieler hundert Menschen retten, weil sie erfolgreich auf das Brauen von Artemisiatee setzen, aufklären und zur Selbsthilfe anregen. Bis nach Peking trägt Weingartner ihre Reise, wo Artemisia annua seit zweitausend Jahren als Heilpflanze bekannt ist. Sie besucht Tu Youyou, die 2015 für die Entdeckung des Wirkstoffs Artemisinin mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet wurde. „Wenn der Westen nicht am Artemisinin interessiert war, weil er seine eigenen Medikamente vertreiben wollte, finde ich das moralisch unmenschlich“, befindet Tu. Ein ernüchterndes Resümee, das durch den gesamten Film hallt. Doch Weingartner legt auch nahe, dass es noch ein weiteres Resümee geben könnte: die entnebelnde Kraft von Wissen.
(Katalogtext, cw)

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