Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Der Hofrat Geiger
AT 1947, Schwarzweiß, 97 min.
Diagonale 2016

Regie: Hans Wolff
Buch: Hans Wolff, Martin Costa nach dem gleichnamigen musikalischen Lustspiel von Martin Costa
Darsteller:innen: Hans Moser, Paul Hörbiger, Maria Andergast, Waltraut Haas, Louis Soldan u. a.
Kamera: Rudolf Icsey, Ladislaus Szemte
Musik: Hans Lang
Produktion: Willy Forst-Filmproduktion

 

Von Der Hofrat Geiger ist vielen nur das „Mariandl-Lied“ in Erinnerung geblieben. In der Erfolgsproduktion werden aber auch – in der Verkleidung eines Heimatfilms – Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung erprobt: Paul Hörbiger gibt einen 1938 pensionierten Hofrat den nach dem Krieg die (private) Geschichte einholt. In der unzerstörten Wachau versöhnt der Film schließlich mit den plötzlich so fern scheinenden Gräueln der Geschichte.

Die Handlung spielt unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Der 1938 aus politischen Gründen pensionierte Wiener Hofrat Geiger erfährt aus alten Akten in einem zerstörten Regierungsgebäude von der Existenz einer erwachsenen Tochter, die er gemeinsam mit seiner Jugendliebe hat. In Begleitung seines ehemaligen Büroleiters Ferdinand Lechner, der ihm immer noch ausschließliche Ergebenheit bekundet, sucht Geiger die beiden Frauen in ihrem Wachauer Heimatort auf, bemüht sich um eine verspätete Wiedergutmachung und findet tatsächlich zu neuem Lebensglück.
Damals populäre Schlager wie „Mariandl“ peppen das Lustspiel etwas auf, das im übrigen nach den üblichen Mustern abläuft. Bemerkenswert sind allerdings einige Szenen zu Beginn des Films, wenn Ansichten vom zerbombten Wien gezeigt werden, und der typische narrative Gestus, der sich damit verbindet. Denn „in der Auswahl seiner Bilder wendet sich das österreichische Erzählkino in der Regel von der Welt der Trümmer ab: Hunger, Zerstörung, die Straßenbahnen, die nicht fahren, der elektrische Strom, der nicht fließt, taugen nicht als Filmbilder und bleiben gelegentlich aufblitzende Marginalien.“
(Elisabeth Büttner, Christian Dewald)

Der Hofrat Geiger zählte zu den wirtschaftlich erfolgreichsten österreichischen Nachkriegsfilmen und hat das Heimatfilmgenre für die kommenden Jahre prototypisch positioniert. Im Unterschied zu den später nur noch als Fremdenverkehrskulisse aufgezogenen Österreich-Bildern bleibt diese Produktion in Momenten noch durchlässig für Wirklichkeitseinblendungen. „Dieser Film spielt im heutigen Österreich, das arm ist und voller Sorgen“, heißt es im Vorspann, „doch – haben Sie keine Angst – davon zeigt er Ihnen wenig. Er geht an der Zeit nicht vorbei, er erzählt nur, dass vieles – wenn man will – auch eine heitere Seite haben kann.“ In diesem Sinn schreibt Der Hofrat Geiger das Programm von Die Welt dreht sich verkehrt fort. Erzählt wird auch die Geschichte einer Wiedergutmachung: Geiger strebt die Versöhnung mit der vor dem Krieg gezeugten unehelichen Tochter Mariandl und ihrer Mutter an, verlagert sie aber auf eine private, persönliche Ebene. Hier lassen sich Fragen von Schuld und Verantwortung jedenfalls schmerzfreier aushandeln.
(Ernst Kieninger)

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