Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Souls of a River
Dokumentarfilm, DE/GR/AT 2022, Farbe, 83 min., OmeU
Diagonale 2023

Regie, Buch: Chris Krikellis
Darsteller:innen: Pavlos Pavlidis, Chris Krikellis
Kamera: Judith Benedikt, aac
Schnitt: Lisa Zoe Geretschläger, aea
Originalton: Dimitra Xeroutsikou (Griechenland), Lenka Mikulova (Österreich), Nic Nagl (Deutschland)
Musik: Nikos Platyrachos
Sounddesign: Veronika Hlawatsch
Produzent:innen: Peter Janecek
Produktion: PLAESION Film + Vision e.U.

 

Ein Reisender begibt sich auf eine Spurensuche in der Landschaft seiner Erinnerungen – am Fluss Evros, der ein Stück der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland bildet. Hier trifft er einen Gerichtsmediziner, der versucht, Geflüchtete zu identifizieren, die bei der Flussüberquerung ums Leben kamen. Ein bildstarker, feinfühliger und unnachsichtiger dokumentarischer Essay über aktuelles politisches Versagen.

Ein Reisender begibt sich auf eine Spurensuche in der Landschaft seiner Erinnerungen. Als Fremder im eigenen Land macht er sich auf den Weg, um jenes Ich zu treffen, das damals von hier fortgegangen ist. „Vielleicht werde ich die Grenze überschreiten und durch die Zeit gehen“, denkt sich der Reisende und durchstreift die Gegenden seiner Vergangenheit. Schäumendes Wasser, wogendes Schilf, segelnde Möwen. Sein einziges Gepäck sind ferne Erinnerungen an Kindheit, Krieg, Flucht. Er wandert durch die Orte entlang des Flusses Evros, der zwischen der Türkei und Griechenland eine Linie schneidet und am südlichen Rand der Europäischen Union ein Stück Grenze bildet. Eingrenzendes, ausgrenzendes Wasser. Es ist eine Gegend, in der die Suche nach einem neuen Zuhause omnipräsent ist: Die hier Lebenden wandern in die Ferne ab, Geflüchtete wollen über den Fluss nach Europa kommen. Verschwindende Orte, verschwindende Menschen.
Schließlich trifft der Reisende auf einen Gerichtsmediziner, der für seine Arbeit tief in den Fluss Evros hinabtaucht, um das Verschwundene hervorzuholen. Aus einem braunen Briefumschlag zieht er ein Kreuz, einen Ring und eine Armbanduhr. Es sind Spuren von geflüchteten Menschen, die beim Versuch, sich eine neue Existenz aufzubauen, im Fluss ihr Leben verloren haben. Nur manche der Leichen können identifiziert werden. Jene, die nicht identifizierbar sind, bleiben Nummern in einem Ordner, abgelegt am Computer des Pathologen. Fragen füllen den Raum. „Was ist legal? Was ist illegal? Kann eine Person illegal sein? Wo ist die menschliche Grenze? Wo liegen die Grenzen dieser Begriffe?“
Gemeinsam fahren der Reisende und der Pathologe an die Orte ihrer Kindheit und finden dort kaputte Schlauchboote in Flussbetten, namenlose Grabsteine im trockenen Boden und verfallene Häuser, die über verlassene Straßen wachen. Zu den persönlichen Erinnerungen des Reisenden gesellen sich Erzählungen über Dörfer, die von Abwanderung, Wirtschaftskrise und der Politik der Europäischen Union geprägt sind. Durch das Verweben verschiedener Zeitlichkeiten gestaltet Chris Krikellis – selbst in der Rolle des fiktiven Reisenden – das fragmentarische Porträt einer zerrissenen Grenzregion. Aus einer Erzählung über Grenzziehung und -überschreitung wird eine bildstarke Suche nach dem, was im Dazwischen so schmerzhaft verloren gegangen ist. Das Ergebnis ist ein feinfühliger und unnachsichtiger dokumentarischer Essay über aktuelles politisches Versagen.
(Katalogtext, lh)

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