Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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L'ANIMALE
Spielfilm, AT 2018, Farbe, 96 min., OmeU
Diagonale 2018

Regie, Buch: Katharina Mückstein
Darsteller:innen: Sophie Stockinger Kathrin Resetarits Dominik Warta Julia Franz Richter Jack Hofer Dominic Marcus Singer Simon Morzé Stefan Pohl
Kamera: Michael Schindegger
Schnitt: Natalie Schwager
Originalton: Hjalti Bager-Jonathansson
Musik: B. Fleischmann
Sounddesign: Hjalti Bager-Jonathansson, Karim Weth
Szenenbild: Katharina Haring
Kostüm: Monika Buttinger
Weitere Credits: Maske: Evgenia Popova, Julia Böhm Casting: Rita Waszilovics Licht: Kim Jerrett Farben: Andi Winter Tonmischung: Alexander Koller Dramaturgie: Libertad Hackl Produktionsleitung: Gerhard Hannak Herstellungsleitung: Flavio Marchetti
Produzent:innen: Michael Kitzberger, Wolfgang Widerhofer, Flavio Marchetti, Nikolaus Geyrhalter, Markus Glaser, Michael Schindegger, Natalie Schwager, Katharina Mückstein
Produktion: NGF Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion
Koproduktion: La Banda Film, AT

 

Diagonale-Schauspielpreis 2018
Ensemblepreis


Mati trägt den Nacken ausrasiert, fährt ein „auffrisiertes“ Moped und hängt am liebsten mit ihrer Jungsclique ab. Kompliziert wird es für die 18-Jährige erst, als sich die Beziehung zu ihrem besten Kumpel intensiviert und sie die selbstbestimmte Carla kennenlernt. Katharina Mückstein erschafft mit Mati eine grandiose Frauenfigur und stellt auch in deren Umfeld traditionelle Geschlechterrollen und sexuelle Normen infrage. „Zweifle. Aber hab keine Angst. Brenne. Und ergib dich nicht.“

Mati (einmal mehr großartig: Sophie Stockinger) steht kurz vor der Matura. Die Mutter will ihr ein rosa Kleid für die Abschlussfeier verpassen und sie dazu überreden, ihre Haare offen zu tragen – davon hält die Tochter wenig. Mati trägt lieber ihren Nacken ausrasiert und die Haare hochgezwirbelt, Sporttops statt BH und fährt ein getuntes Moped. In Ihrer Freizeit hängt sie mit ihrer Jungsclique ab. Sie begrüßt die Burschen mit Handschlag, zieht mit ihnen um die Häuser und geht mit ihnen feiern. Mit den Mädchen aus ihrer Klasse fällt der Umgang dagegen schwerer. Problematisch wird es für Mati erst, als sich die Beziehung zu ihrem besten Kumpel intensiviert und sie nicht sicher ist, was das jetzt für sie und ihren Platz in der Gang bedeutet. Außerdem ist da Carla, ein Mädchen, das so ganz anders ist als alle anderen, denen sie bisher begegnet ist: selbstbestimmt, wild und furchtlos. Gleichzeitig kämpfen Matis Eltern – jeder für sich – mit lebensentscheidenden Fragen.
Die Figuren in Katharina Mücksteins L’ANIMALE sind alle hin- und hergerissen zwischen den widersprüchlichen Kräften, die sie bestimmen: Begehren, Leidenschaft und Vernunft. Das titelgebende Tier steht für das, was Menschen steuert, ohne dass sie es wollen, wonach sie sich sehnen, ohne es sich eingestehen zu können. Sich dieser animalischen Begierde zu stellen erfordert Mut. Braucht Mati die coole Jungsgang überhaupt, um sich von den anderen Mädchen abzugrenzen? Ist es wirklich ihr Berufswunsch, wie die Mutter Tierärztin zu werden? „Vielleicht bin ich nicht so, wie du mich gerne hättest“, sagt Mati zu dieser, als sie sich weigert, einen betäubten Hund aufzuschneiden. „Wie bist du denn?“, fragt die Mutter. Eine Antwort gibt es darauf nicht, aber in das buchstäbliche Korsett lässt Mati sich jedenfalls nicht pressen.
Mückstein zeigt den schmerzhaften Identitätsfindungsprozess ihrer starken Protagonistin, die sich Stück für Stück freikämpft: von den Zwängen, die andere ihr auferlegen, aber auch von den eigenen. Die Regisseurin erschafft mit Mati eine grandiose Frauenfigur und stellt auch in deren Umfeld traditionelle Geschlechterrollen und sexuelle Normen infrage. Das unfertige Haus, in dem die 18-Jährige mit ihren Eltern lebt, ist dabei ein schönes Symbol dafür, dass der Film einen work in progress zeigt: An der Utopie zwischenmenschlichen Zusammenlebens gibt es noch viel zu tun. „Zweifle. Aber hab keine Angst. Brenne. Und ergib dich nicht“, steht als Nachsatz zum Film. Ein beherzter Appell an alle, mit Mut und Leidenschaft für Emanzipation und Konfrontation einzustehen.
(Katalogtext, ast)

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