Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Kalter Frühling
Spielfilm, DE 2004, Farbe, 90 min., OmeU
Diagonale 2013

Regie: Dominik Graf
Buch: Markus Busch
Darsteller:innen: Jessica Schwarz, Angela Roy, Friedrich von Thun, Mišel Matičević, Matthias Schweighöfer, Tanja Gutmann u.a.
Kamera: Hanno Lentz
Schnitt: Christel Suckow
Originalton: Wolfgang Schukrafft
Musik: Dieter Schleip
Kostüm: Barbara Grupp
Produzent:innen: Michael Hild, Redaktion: Caroline von Senden/ZDF
Produktion: Colonia Media Filmproduktion
Koproduktion: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) Bavaria Film GmbH

 

Der Regisseur wird anwesend sein.

Sylvia Berger reist zum 65. Geburtstag ihres Vaters auf den Landsitz ihrer Eltern. Doch das Fest endet im Eklat: Das Vermögen der Eltern ist weg und Cousine Manuela meldet Besitzansprüche am Familienunternehmen an, das Sylvia nach ihrem Studienabschluss übernehmen wollte. Die junge Frau verliert den Halt. Es folgt eine Zeit des Rausches, der Abgründe und der Suche nach Familiengeheimnissen.

Katalogtext Diagonale 2013:

Jessica Schwarz spielt die junge Studentin Sylvia Berger, die zum 65. Geburtstag ihres Vaters (Friedrich von Thun) auf den Landsitz ihrer Eltern reist. Doch aus dem geplanten Festtag wird eine Katastrophe: Nicht nur dass sich die einst vermögenden Eltern in finanzieller Not befinden, ihre Cousine Manuela meldet Besitzansprüche an dem Fami- lienbetrieb an, den Sylvia nach Abschluss ihres Studiums übernehmen wollte. Die junge Frau verliert den Halt. Es folgt eine Zeit des Rausches, der Abgründe und der Suche nach Familiengeheimnissen. (ZDF)

Mit Kalter Frühling beendete Graf eine Trilogie aus im Großbürgertum angesiedelten, von Markus Busch geschriebenen Frauenmelodramen, die er fünf Jahre zuvor mit Deine besten Jahre und Bittere Unschuld begonnen hatte. Standen bei den beiden ersten Filmen eine reife Frau in ihren Dreißigern bzw. ein Teenager-Mädchen im Mittelpunkt, so spielt Jessica Schwarz (bis dahin nur in Nebenrollen bei Graf) in Kalter Frühling einen Twen, der es sich und seinen Eltern beweisen muss. Ist Sylvia Berger hart genug, sich in der Geschäftswelt durchzusetzen und die Firma ihres Vaters zu retten? Welchen Preis muss sie dafür zahlen? Haben ihre Eltern nur eine Erwartungshaltung oder auch Gefühle für sie? Subtil distanziert sich Graf immer wieder von seinen Figuren: Kurz nach dem Geschlechts- verkehr verkündet der Trickbetrüger und Playboy Rico (Mišel Matičević) ziemlich beiläufig und überraschend: „Ich möchte, dass du nicht mehr herkommst und dass wir uns auch nicht mehr sehen.“ Die sichtlich getroffene, noch im Bett liegende Sylvia dreht leicht ihren Kopf: Schnitt auf eine Sicht aus dem Fenster auf den Rhein. Schiffe schippern vorbei, Autos fahren über eine Brücke. Das Leben draußen geht weiter, auch wenn Sylvia für einen Moment gedacht haben muss, die Welt geht unter. (Zeughauskino)

Alles beginnt mit Geburtstagsvorbereitungen auf dem Lande. Und so friedlich und elegant der Landsitz der Familie zunächst da liegt, so freundlich und diskret der Umgangston der geschäftigen Bewohner klingt und so charmant unbefangen die einzige Tochter sich in den liebevoll teuren Interieurs bewegt, so irrsinnig wirkt die Geschichte, die an diesem Festtag noch losgetreten wird. Das Dental-Labor der Bergers, dessen Leitung Sylvia einmal übernehmen sollte, steht vor der Zahlungsunfähigkeit. Unerwartet meldet eine Cousine Besitzansprüche an und plant mit dem Geld ihres Verlobten, in die Firma einzusteigen. Abends trifft Sylvia ihre reichen Freundinnen. Die Mädchen inszenieren eine dekadente Mutprobe: für tausend Euro mit einem fremden Mann ins Hotel gehen. Während die Freundinnen kichern, zieht Sylvia die Nummer durch. Warum sie das tut, bleibt genauso dunkel wie die Tatsache, dass sie am nächsten Morgen keinerlei Zeichen von Verletzung oder Reue zeigt.

Nicht zuletzt darin liegt das außerordentlich Gute der Filme von Dominik Graf: dass seine Figuren nicht das Erwartbare tun. Sylvias exzessiver Abend bildet den Auftakt zu einer brutalen Reise durch die Unterwelt. Sie hat sich mit Syphilis infiziert, überwirft sich mit den Eltern, verliebt sich in den Crack-Raucher Ben (Matthias Schweighöfer) und geht eine Zeit lang auf den Strich (...) Fast scheint es, als wäre Dominik Graf im deutschen Film das, wofür im französischen Kino Claude Chabrol einsteht: ein Chronist der bürgerlichen Abgründe. Wobei Grafs Filme entschieden moderner erzählt sind und immer wieder diesen Einschlag ins Magische haben: Was als vertrautes bürgerliches Melodram beginnt, scheint mitunter auf einmal einer undurchschaubaren verzauberten Logik zu folgen. Eine Art Einbruch des Wunderbaren ins normale Leben. (Eva Marz, SZ)

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