Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Emigration, N.Y. - Die Geschichte einer Vertreibung
Dokumentarfilm, AT 1996, Farbe+SW, 179 min., OmeU
Diagonale 2018

Regie, Buch: Egon Humer
Kamera: Peter Roehsler
Schnitt: Karina Ressler
Originalton: Bruno Pisek
Weitere Credits: Recherche und Beratung: Amos Vogel Organisation New York: Marcia Vogel Produktionsbetreuung: Michael Kitzberger
Produktion: Prisma Film- und Fernsehproduktion

 

Zwölf jüdische Frauen und Männer, die zwischen 1938 und 1941 aus Österreich vertrieben wurden, berichten von ihrer Identitätssuche in den USA, ihren Ängsten und Hoffnungen.

Die Kamera verweilt halbnah auf den Gesichtern der Erzählenden. Die Erinnerungen der sieben Frauen und fünf Männer setzen im März des Jahres 1938 ein, als die Nazis triumphalen Einzug in Wien halten. Sie haben den „Anschluss“ miterlebt, zwölf österreichische Jüdinnen und Juden, die als Kinder und Jugendliche vertrieben wurden und seit über einem halben Jahrhundert in New York leben: die Malerin Rosa Ully Axelrod, die Psychologinnen Ann Branden und Gertrud M. Kurth, die Literaturwissenschaftlerin Susanne Edelmann, die Germanistin und feministische Schriftstellerin Eva Kollisch, der Rechtswissenschaftler Frank P. Grad, die Pianistin Lisa Grad, die Kinderbuchautorin Doris Orgel, der Ingenieur Frank Eisinger, der Arzt und Journalist Karl Neumann, der Berater und Datenverarbeiter Henry Wegner sowie der Filmkritiker und -kurator Amos Vogel.
Die Gespräche mit ihnen bilden den Kern von Egon Humers zweiteiliger Dokumentation Emigration, N.Y., die in Rego Park, Great Neck, St. James, Forest Hills, New York City gedreht wurde, wobei die individuellen Erinnerungen ebenso wichtig sind wie die Summe der Erzählungen: eine Geschichte der Vertreibung.
Der Film besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil beschreibt die Zeit bis zur Flucht nach New York, der zweite die Ankunft in der Stadt und die Lebensgeschichten der Protagonist/innen bis heute.
Der Person des Filmemachers quasi vorgelagert ist die des vermutlich prominentesten der zwölf Emigrant/innen, des damals 75-jährigen Amos Vogel. Als Berater des Regisseurs, u. a. was die Auswahl der Gesprächspartner/innen betraf, kommt ihm sowohl bei der Vorbereitung als auch im Film selbst eine ganz wesentliche Rolle zu. Über ihn erschließt sich in Emigration, N.Y. noch ein zweiter, wenn man so will innerer Dialog, fügen sich die einzelnen Schicksale zu einer Art kollektiver Biografie.
Ein Bild vom März 1938, das sich für immer in der Erinnerung einbrannte: ein Schild auf einer Bank – „Hunden und Juden ist es verboten hier zu sitzen“. Der Staat, der seine Bürger/innen schützen sollte, hatte über Nacht einem Teil der Bevölkerung, so auch der Familie von Amos Vogel, alle Rechte aufgekündigt: Er wurde seiner Heimat beraubt, seiner Freund/innen, seiner Lieben, seiner Muttersprache. Das Trauma, das die Ereignisse der folgenden Wochen und Monate hinterließen, ehe er mit der Familie über Hamburg und Kuba nach Amerika kam, hat Amos Vogel nie überwunden.
In Emigration, N.Y. gibt es keine einfachen Antworten mehr. Schon gar nicht auf eine Frage wie die, die sich Amos Vogel – im Unterschied zur Mehrzahl der Befragten spricht er ausschließlich Englisch – gegen Ende des Films selbst stellt: Ob ich mich heute noch als Opfer fühle? „First answer! Yes, of course, forever, as long as I live. Second answer: No, I’m no longer a victim. I think, I’ve overcome this.“
(Katalogtext, Brigitte Mayr, Michael Omasta)

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