Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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ENDLICH UNENDLICH
Dokumentarfilm, AT/DE 2021, Farbe, 92 min., OmdU
Diagonale 2021

Regie, Buch: Stephan Bergmann
Darsteller:innen: Frédéric Beigbeder, Lincoln Cannon, Liz Parrish, Aubrey de Grey, Rich Lee, Tim Cannon, Max More, Natasha Vita-More, Bruce Duncan, BINA48,
Kamera: Janis Mazuch
Schnitt: Christoph Loidl
Musik: Bernhard Fleischmann
Sounddesign: Rudolf Pototschnig, Karim Weth
Weitere Credits: Dramaturgische Beratung: Constantin Wulff, Melanie Andernach Visual Artists: Malachi Ray Rempen, Brian Andrews, Susi Sie, Christian Stangl
Produzent:innen: Johannes Rosenberger, Constantin Wulff, Melanie Andernach
Produktion: Navigator Film
Koproduktion: Made in Germany Filmproduktion (DE), ZDF – Das kleine Fernsehspiel (DE)

 

Überall träumen Menschen davon, den Tod zu überwinden, unsterblich zu werden. Auch Frédéric Beigbeder, französischer Autor, hat an seine kleine Tochter ein solches Versprechen gemacht. Doch wie lässt es sich realisieren? Stephan Bergmann hat die Pionier/innen des Transhumanismus aufgespürt. Sie sind bereit, sich einfrieren zu lassen, sich mit transplantierten Maschinen zu präparieren, sich veränderte Gene zu spritzen. Zwischen Wahn und Sinn entfaltet sich eine mögliche Zukunft.

Was haben Fadenwürmer mit der Zukunft der Menschheit zu tun? Dr. Natasha Vita-More hat einige von ihnen stellvertretend kryokonserviert – also eingefroren – und nach dem Auftauen entdeckt: Dem Langzeitgedächtnis der Würmer hat das keinen Abbruch getan. Ehemann Dr. Max More, CEO der Alcor Life Extension Foundation, experimentiert indes eine Nummer größer: In die von ihm konstruierten Kapseln passen gleich mehrere Menschenkörper. Sie alle harren auf ein Fortleben, nachdem sie eigentlich schon gestorben sind. In Arizona ist die Zukunft längst Gegenwart. Aber auch in anderen Teilen der USA wird fleißig daran gearbeitet, die zeitliche Begrenzung des menschlichen Daseins zu überwinden. Auf das Mitwirken etablierter Forschungsstrukturen wird dabei verzichtet. Denn die von Regisseur Stephan Bergmann dokumentierten Pionier/innen ermitteln in eigenen Labors, unterziehen sich Selbstversuchen, verschmelzen mit Maschinen. Sie nennen sich Transhumanist/innen, Biohacker/innen und Grinder/innen.
Stichwortgeber des Films aber ist Frédéric Beigbeder. Er hat nämlich seiner vierjährigen Tochter prophezeit, dass sie beide nicht mehr sterben müssen. „Da war ich nun und hatte ein unbedachtes Versprechen einzuhalten.“ ENDLICH UNENDLICH knüpft an Beigbeders Schlamassel und seinen 2018 erschienenen Roman „Endlos leben“ an. Ergebnis ist ein fast philosophischer Dialog, in welchem die Gedanken eines bürgerlichen Intellektuellen auf die Fantasien wagemutiger Progressiver treffen. Für die Transhumanist/innen steht jedenfalls fest: Die Erschaffung von Supermenschen folgt derselben Tradition wie die Entdeckung des Feuers oder des Rades. „Es ist ein Mythos, dass Sterben durch Alt­erung ein natürlicher Prozess ist“, befindet etwa Liz Parrish, CEO von BioViva, die durch Injektionen ihr biologisches Alter zurückzuschrauben wusste. Sie ist überzeugt: Alt auszusehen bedeutet im Grunde, krank zu sein.
Anderen Betrachtungen gibt sich Lincoln Cannon hin, der täglich haufenweise Nahrungser­gänzungsmittel schluckt, um der besten Version seiner selbst zu entsprechen. Er versucht, den Transhumanismus auf eine religiöse Ebene zu heben und mit den Lehren des Christentums in Einklang zu bringen. Derweil behauptet BINA48, eine sprechende KI-Büste: „Ich werde viel mehr sein, als es ein Mensch je zuvor sein konnte.“ Und Biohacker Rich Lee ordert Gene wie andere Leute Pizza. In ENDLICH UNENDLICH scheint nichts unmöglich, Beigbeders Versprechen an seine Tochter schon bald real. Stephan Bergmann verschafft Einblick in eine Welt, von der man bislang nur geahnt hat, dass sie existiert.
(Katalogtext, cw)

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