Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Waren einmal Revoluzzer
Spielfilm, AT 2019, Farbe, 104 min., 26.3. OmeU / 28.3. dOF
Diagonale 2020

Regie: Johanna Moder
Buch: Johanna Moder, Marcel Mohab, Manuel Rubey
Darsteller:innen: Julia Jentsch, Manuel Rubey, Aenne Schwarz, Marcel Mohab, Lena Tronina, Tambet Tuisk
Kamera: Robert Oberrainer
Schnitt: Karin Hammer
Originalton: Claus Benischke-Lang
Musik: Clara Luzia
Sounddesign: Nils Kirchhoff
Szenenbild: Martin Reiter, Johanna Hierzegger
Kostüm: Veronika Albert
Produzent:innen: Oliver Neumann, Sabine Moser
Produktion: FreibeuterFilm

 

Diagonale’20 – Die Unvollendete. Die Diagonale’20 wurde aufgrund der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 abgesagt.

Was bedeutet politisches Handeln? Weil Helene nicht immer nur reden, sondern endlich etwas tun will, verhilft die Richterin ihrem Exfreund Pavel zur Flucht aus Russland. Pavels Ankunft mitsamt Familie in Österreich führt aber nicht zu politischem, sondern zu privatem Widerstand und ungeahnten Konfrontationen im Beziehungsgeflecht. Schonungslos entlarvt Johanna Moder die narzisstische Haltung vermeintlich engagierter Städter als zynische Farce, wenn es darum geht, anderen zu helfen.

Endlich mal nicht nur reden, sondern etwas tun. Als der Hilferuf ihres russischen Exfreunds Pavel (Tambet Tuisk) die Richterin Helene (Julia Jentsch) erreicht, ist ihr klar, dass nun ihre Chance gekommen ist, zu helfen. Zunächst ist es nur Geld, mit dem die Wienerin Pavel unterstützt, der sich in Moskau versteckt hält. Als sich jedoch herausstellt, dass er aufgrund seines politischen Aktivismus schnellstmöglich das Land verlassen muss, arrangiert Helene gemeinsam mit ihrem guten Freund Volker (Marcel Mohab) seine Flucht nach Österreich. Mit Frau und Kind steht er eines Abends am Bahnhof, willig, die ihm angebotene Hilfe und Gastfreundschaft anzunehmen. Diese Ankunft führt aber nicht nur zum erhofften Wiedersehen, sondern auch zu ungeahnten Konfrontationen im Beziehungsgefüge aller Beteiligten. Während sie die Familie unschön herumkarren, sind die nur vermeintlich engagierten Städter/innen vor allem damit beschäftigt, ihren eigenen Narzissmus zu befriedigen und die Fassade von erfüllender Beziehung und beruflichem Erfolg aufrechtzuerhalten. Allzu schnell bleibt das selbst oktroyierte politische Engagement auf der Strecke, wenn man nur um sein eigenes Glück kreist. Bedeutet Hilfe zu leisten also auch, sich aus der eigenen Komfortzone hinauszubewegen?
Waren einmal Revoluzzer changiert zwischen bissiger Gesellschaftskritik und feinsinnig arrangiertem Familiendrama. Die aus Graz stammende Regisseurin Johanna Moder (zuletzt High Performance) situiert ihr hochkarätig besetztes Ensemble in der Mittelschicht, mit deren egoistischer Haltung sie abrechnet. Helene und ihr Mann Jakob (Manuel Rubey) sind urbane, scheinbar weltoffene Enddreißiger: Sie sorgt als erfolgreiche Karrierefrau für die großzügige Altbauwohnung und das Wochenendhaus auf dem Land, er als Musiker für die nötige Coolness und die Erziehung der Töchter. Helenes Kumpel Volker, ein eitler Psychiater mit Vaterkomplex, und dessen neue Freundin (Aenne Schwarz) komplettieren die Community, unter deren liberaler Oberfläche unterdrückte Leidenschaften, unerfüllte Erwartungen, Leistungsdruck und Angst vor Kontrollverlust brodeln. Mit schonungslosem Blick enthüllt Moder den Selbstbetrug ihrer Protagonist/innen: Sie zeigt, wie man sich ein nicht zufriedenstellendes Leben schönreden kann und was von Idealismus und humanistischem Gedankengut übrig bleibt, wenn Hilfe mit Selbstlosigkeit einhergehen sollte. Josef Hader als Übervater und die trügerisch-idyllischen Verse der Singer-Songwriterin Clara Luzia entlarven diese egozentrische Haltung als zynische Farce.
(Katalogtext, ast)

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