Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Good Life Deal
Dokumentarfilm, AT 2022, Farbe, 73 min., OmdU
Diagonale 2022

Regie, Buch, Kamera, Originalton: Samira Ghahremani
Schnitt: Esther Fischer
Musik: Lukas Lützow
Sounddesign: Matthias Ermert, Viktoria Grohs
Produzent:innen: Samira Ghahremani, Gwendolyn Meisinger

 

Gerhard, ein Österreicher, ist all in gegangen: Wohnung und Konten sind aufgelöst, alles für Amy, eine Thailänderin, mit der er sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen will. Samira Ghahremani begleitet ihn in die neue Heimat und dokumentiert eine Art Transfusion: Während bei Amy alle Zeichen auf Expansion stehen, wirkt Gerhard immer leerer und rückt zusehends aus ihrem Blickfeld. Romanze und Krimi beginnen sich zu verquicken.

Gerhard hat seine Existenz in Österreich hinter sich gelassen, die Wohnung verkauft, das angesparte Vermögen von den Konten genommen. Er lebt jetzt in Thailand, mit Amy, einer ehemaligen Taxifahrerin. Die Beziehung ist noch jung und hat schnell begonnen. Geld hat von Anfang an eine Rolle gespielt, Gerhard hat Amy beim Aufbau ihres eigenen Geschäfts unterstützt, in dem Silberwaren vertrieben werden, ein Haus angezahlt, ein zweites soll folgen, sie kümmert sich im Gegenzug um Gerhard. Ein unausgesprochener Deal. Doch mit dem Erwerb eines Mercedes scheint sich nun das Blatt zu wenden: Amy verhält sich plötzlich abweisend, die Zimmertüren im gemeinsamen Heim werden des Nachts geschlossen, Gerhard ist ratlos. Samira Ghahremani dokumentiert in ihrem Film einen motorisch stark beeinträchtigen Mann, dem in Thailand nicht nur die Zukunftsperspektive abhandenkommt, sondern dessen Alltag sich auch mehr und mehr zum Krimi entwickelt: Beträchtliche Geldsummen verschwinden, niemand will von irgendetwas wissen. Good Life Deal wird so zum Zeugnis einer Art Transfusion: Während sich bei Amy die Tische vor neuen Anschaffungen biegen, alle Zeichen auf Expansion stehen, große Geburtstagspartys geschmissen werden und der neue Pool in greifbare Nähe rückt, merkt Gerhard langsam, dass man mit Geld nicht alles kaufen kann. Er wirkt immer leerer und gerät zusehends aus dem Blickfeld der thailändischen Familie.
Ghahremani kommt den Geschehnissen dabei erstaunlich nah, fängt Zwischentöne und Situationen ein, die eventuell bereits vom drohenden Unheil künden. Sie filmt Gerhards Telefonate mit einem guten Freund in Österreich, die sich zunächst um angemessene Heiratsanträge drehen und schließlich in geteilter Fassungslosigkeit ergehen. Erst mit Nina Sutlovics, die Gerhard offenbar schon lange kennt und die mit „Under the Surface“ das zart-melancholische Titelstück des Films beigesteuert hat, formiert sich hinter dem Geschwächten ein Verbund, der in seinem Interesse zu agieren beginnt. Zu ihm zählt auch ein seit vielen Jahren in Thailand lebender Deutscher, der sich, fern von aus dem Boden gestampften, nach westlichem Vorbild errichteten Vororten, mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern ein behagliches Domizil in Naturnähe geschaffen hat. Mit einer seiner Töchter unterhält sich Gerhard über den Mond, wie er es auch mit Amy zu tun pflegte: jener wundersame Ort in weiter Ferne, auf dem sich nahezu schwerelos hüpfen ließe. Ein Sehnsuchtsort, dessen Existenz auf Erden Gerhard noch nicht aufgegeben hat.
(Katalogtext, cw)

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