Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Struggle
Spielfilm, AT 2003, Farbe, 76 min., OmeU
Diagonale 2016

Regie: Ruth Mader
Buch: Barbara Albert, Martin Leidenfrost, Ruth Mader
Darsteller:innen: Aleksandra Justa, Gottfried Breitfuß, Margit Wrobel, Martin Brambach, Rainer Egger u.a.
Kamera: Bernhard Keller
Schnitt: Niki Mossböck
Originalton: Elisabeth Reeh
Kostüm: Alexandra Burgstaller
Produzent:innen: Gabriele Kranzelbinder, Ruth Mader, Alexander Dumreicher-Ivanceanu
Produktion: Struggle Films
Koproduktion: KGP Kranzelbinder Gabriele Production (vormals AMOUR FOU)

 

Die Wohlstandsgesellschaft und ihre Verlierer/innen. Eine junge Mutter aus dem ehemaligen Ostblock ist ständig auf der Suche nach illegaler Arbeit, ein frisch geschiedener Makler versucht, die Leere in seinem Leben zu füllen. Ein Film über den Verlust der Menschenwürde, fast ohne Dialoge, verstörend und kompromisslos.

Struggle spielt im Österreich von heute, an der Grenze zwischen Ost und West, an der Grenze zwischen Armut und Reichtum. Ewa, eine junge Polin, hetzt von einem Job zum anderen – sie pflückt Erdbeeren, arbeitet in einem Geflügelschlachthof, schrubbt die Swimmingpools der Reichen. Ihr Dasein ist auf den Kampf ums überleben begrenzt, von der Hoffnung getrieben, eine bessere Zukunft für sich und ihre kleine Tochter zu finden.
Der zweite Teil des Films zeigt einen frisch geschiedenen Wiener Immobilienmakler, der damit beginnt, Swingerclubs zu frequentieren, auf der Suche, die Leere seines neuen Lebens zu füllen. Er ist nicht, wie Ewa, von finanziellen Ängsten geplagt, er ringt um menschliche Nähe. Beide sind körperlich verwundbar – Ewa durch die ständige Unsicherheit, ihre existenziellen Bedürfnisse decken zu können, und Marold, weil er in seiner betäubenden Isolation seinen Körper verletzen muss, um überhaupt etwas zu fühlen. Als sie sich treffen, treibt ihre Verzweiflung sie zu noch größeren Extremen.
(Produktionsmitteilung)

Mehr noch als um Ewas persönliche Geschichte geht es in Struggle um die Arbeit selbst: Minutenlang nimmt die Kamera die Erdbeerfelder ins Visier, beobachtet die gebückten Pflücker/innen bei strömendem Regen oder bei brütender Hitze. Kein Kommentar, kein Dialog. Mit dokumentarischer Sachlichkeit verharrt Ruth Mader in Arbeitswelten, die sie in ihrer Sinnentleertheit und Selbstentfremdung bis an die Schmerzgrenze in Echtzeit vor Augen führt. Ruth Mader spart in ihrer Erzählweise nicht nur mit Worten. Elliptisch und skizzenhaft deutet sie mit wenigen punktuellen Szenen Lebensgeschichten dreier Generationen an, die gerade aus dieser Knappheit ihre Spannung schöpfen.
(Pressenotiz)

Die Arbeitssituationen sind choreografiert und fotografiert wie ganz großes Melodrama. Die Szenen der Pflücker/innen im Erdbeerfeld sind von atemberaubender Wucht. Wir sehen Figuren in der Weite der Landschaft, die präzisen Gesten des Pflückens, blaues Plastik mit Grün, Zweiergruppen, Dreiergruppen malerisch in die Achse der Perspektive hinein, Nahaufnahmen und dann wieder die Weite mit einem tief hängenden Wolkenhimmel. Das Auge ruht sich in dieser Weite aus, während die Anstrengung der Arbeit fast körperlich erfahrbar wird. Der Film leistet gleichzeitig die Dokumentation dieser Arbeit und Assoziationen dargestellter Arbeit: Jean-François Millet, Walker Evans, überhaupt die Fotografie der amerikanischen Depressionszeit. (Birgit Flos)

Es war mir ganz wichtig, mich vom Ballast der konventionellen Erzählweise zu befreien, damit meine ich das Auserzählen von Dingen, die keine Emotion erzeugen. Wir haben versucht, in jeder Szene Emotion zu erzeugen. Was die Langsamkeit betrifft, ging es mir darum, zu zeigen, wie mühsam diese Prozesse sind, wie sieht Arbeit ganz genau aus? Wie sieht das aus, wenn man tagein, tagaus Erdbeeren pflückt, bis sie dann im blauen Körberl sind, das wir kaufen. Wie sieht es aus, bis ein Vieh zum Fleisch wird. Wie viele Leute stehen da und tun, bis es so ist, wie wir es gewohnt sind.
(Ruth Mader, AFC-Interview)

Ruth Maders Spielfilmdebüt Struggle wurde in Cannes uraufgeführt und erfuhr – anders als in Österreich – auf über hundert internationalen Festivals große Aufmerksamkeit.
(red)

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