Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Im Spinnwebhaus
Spielfilm, DE 2015, Schwarzweiß, 92 min., OmeU
Diagonale 2016

Regie: Mara Eibl-Eibesfeldt
Buch: Johanna Stuttmann
Darsteller:innen: Ben Litwinschuh, Lutz Eilert, Helena Pieske, Sylvie Testud, Ludwig Trepte, Mathias Koeberlin, Alexandra Finder, Petra Fehrmann
Kamera: Jürgen Jürges
Schnitt: Karl Riedl
Originalton: Alexander Theodiassis
Musik: Jörg Lemberg
Sounddesign: Philip Bitter
Szenenbild: Stephanie Schlienz
Kostüm: Isabella Casola
Weitere Credits: Maske: Fay Hatzius, Regieassistenz: Moritz Schreiner, Casting: Uwe Bünker, Redaktion: Stefanie Groß
Produzent:innen: Johanna Teichmann, Martin Choroba
Produktion: Tellux Film GmbH Stuttgart
Koproduktion: SWR Stefanie Gross

 

Eine Mutter verschwindet über Nacht scheinbar spurlos aus dem Haus, in dem sie allein mit ihren drei Kindern wohnt. Die Kleinen bleiben unbeaufsichtigt zurück. Der Älteste, der zwölfjährige Jonas, war schon längst geheimes Familienoberhaupt anstelle der instabilen Mutter. Doch die Aufgabe, sich um die jüngeren Geschwister zu kümmern und zugleich die Illusion eines geordneten Familienlebens zu wahren, überfordert ihn. Immer mehr ziehen sich die Kinder in ihre eigene Fantasiewelt zurück – was als Abenteuer beginnt, wird zum Kampf um Leben und Tod.

Wie weißes weiches Moos hängen die Spinnweben zuerst in den vielen Winkeln des gedrungenen, aber doch geräumigen Hauses. Schnell verzweigen sie sich wie die Silberäste einer großen Trauerweide, bis hinein in die kleinsten Ritzen, verweben sich zu einem Netz, das zusammenhält, das aber auch alle Geräusche schluckt – auch die, wenn man weint, und die, wenn man schreit. Niemand soll es hören, niemand soll es sehen, niemand soll es wissen: dass die Mutter weg ist, weil sie ins „Sonnenthal“ musste, damit es ihr wieder besser geht. Von Beginn an staunt Regisseurin Mara Eibl-Eibesfeldt aus der Perspektive der Kinder heraus, wie in einem naiven Erwarten der selbstverständlichen Wiedergutmachung verharrend (die Mutter wird zurückkommen!), über die Schwierigkeiten, die in der Realität lauern. Beseelt von einem Urvertrauen und voll instinktiver Stärke navigieren die Kinder durch diese Extremsituation, ohne den Mut zu verlieren. Nur Jonas, dem Erwachsensein am nächsten, spürt langsam den Zweifel heraufkriechen: die Ahnung einer Enttäuschung, die ihn in seinen Grundfesten erschüttern und für immer prägen wird. Und doch versagt in ihm die Fähigkeit zum Vergeben nie. Konzentriert und ruhig entwickelt Eibl-Eibesfeldt eine dem traditionellen Märchen folgende Logik und entfaltet, maßgeblich unterstützt durch die kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bilder von Jürgen Jürges, die Chronologie einer sich zuspitzenden psychologischen Ausnahmesituation. Zugleich ist Im Spinnwebhaus die Bestandsaufnahme einer tragischen Verwahrlosung – umringt von Wohlstandswatte, durch die so schnell nichts dringen will.
(Katalogtext, az)

spinnwebhaus.de, tellux.tv, missingfilms.de

Ich denke, jede/r, der/die selbst Kinder hat, kann dieses Gefühl der Überforderung und den Impuls, einfach gehen zu wollen, bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Natürlich ist das Verhalten der Mutter falsch, auch wenn sie es aus einer tiefen Not, einer Hilflosigkeit heraus tut. Gleichzeitig hatte ich immer das Gefühl, dass die Kinder viel von dem, was ihnen schließlich hilft, nämlich ihre Fantasie und ihr innerer Zusammenhalt, zuvor auch von ihrer Mutter gelernt haben müssen.
(Mara Eibl-Eibesfeldt)

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