Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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IRAK / SYRIEN 1. Arbeitsfassung
Dokumentarfilm, AT 2017, Farbe, 90 min., OmdU
Diagonale 2017

Regie: Matthias Krepp, Angelika Spangel
Buch: Konzept: Matthias Krepp
Schnitt: Matthias Krepp, Angelika Spangel
Sounddesign: Florian Rabl, Joseph Mittermeier
Weitere Credits:
Tonschnitt: Ken Rischard, Benedikt Palier
Produzent:innen: Leni Gruber
Produktion: Filmakademie Wien

 

„Es war das Paradies. Aber jetzt ist es die Hölle.“ Private Videoaufnahmen, die von in Österreich lebenden Flüchtlingen kommentiert werden, lassen die jüngere Geschichte Syriens und des Irak Revue passieren: belastende Bilder von Verwüstung, Angst und Hass. Ein erschütternder Film, der durch die geschickte Montage unterschiedlicher Sichtweisen und Positionen jegliche moralische Einteilung in Täter vs. Opfer, gut vs. böse als unhaltbar entlarvt.

Irakische Schiiten und Sunniten, junge syrische Männer, ein FSA-Rebell – die in langwierigen Arbeitsprozessen entstandenen Interviews mit Menschen verschiedener Zugehörigkeit ergänzen Matthias Krepp und Angelika Spangel durch Amateurvideos, die von Einheimischen und Demonstrant/innen in den Krisengebieten aufgenommen wurden. Die interviewten Personen kommentieren das Geschehen in den Videos, ohne selbst im Bild zu sein: Szenen von Predigten und Demonstrationen, Akte der Gewalt und der Zerstörung. Die erschütternden Bilder, begleitet von omnipräsenten Maschinengewehrsalven und Bombendetonationen, sind eine emotionale wie auch physische Herausforderung: Die Videoaufnahmen sind unscharf und verwackelt, die Geschehnisse und Personen oft nur unklar zu erkennen. Lediglich eine einzige objektive Wahrheit offenbart sich in den Bildern und Worten in aller Deutlichkeit: Die Unmenschlichkeit befindet sich auf dem Siegeszug, sie hinterlässt eine Spur aus Blut – und nur noch verschwommene Erinnerungen an Freiheit, Sicherheit und Schönheit.
Anders als die gängige Medienberichterstattung verweigert IRAK/SYRIEN die leichtfertige Einteilung der involvierten Gruppierungen in dichotome Kategorien wie Täter vs. Opfer, gut vs. böse. Statt auf Vereinfachung und Wertung zielt die Montage unterschiedlicher, nicht eindeutig zuordenbarer Perspektiven gerade darauf, die Subjektivität und Heterogenität von Meinungen herauszuarbeiten, um die Komplexität und Verworrenheit kriegerischer Konflikte sichtbar zu machen. IRAK/SYRIEN positioniert sich nicht, weist aber die eigene Position wie die der Sprechenden als unsicher aus und ist damit auch ein Stück weit eine Befragung des Dokumentarischen an sich. Ein intensives, undurchdringliches und eigenwillig unmittelbares Filmerlebnis, das aufzeigt, wie das ideelle Streben nach der einen, richtigen Seite, dem einen, richtigen Glauben Familien und Länder entzweien und zugrunde richten kann.
(Katalogtext, cw)

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