Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Secondo Me
Dokumentarfilm, AT 2016, Farbe, 79 min., OmeU
Diagonale 2017

Regie, Buch: Pavel Cuzuioc
Darsteller:innen: Ronald Zwanziger, Flavio Fornasa, Nadezhda Sokhatskaya
Kamera: Michael Schindegger
Schnitt: Karin Hammer
Sounddesign: Lenja Gathmann
Produzent:innen: Pavel Cuzuioc
Produktion: Pavel Cuzuioc Filmproduktion

 

Secondo Me richtet den Scheinwerfer auf drei Garderobenmitarbeiter/innen in drei europäischen Opernhäusern. Im Schatten der Opernaufführungen, deren Musik den Film gedämpft untermalt, wirkt ihre Arbeit monoton, einfach. Doch in den Gesprächen und Alltagsszenen offenbart sich die Dramatik des realen Lebens. Pavel Cuzuioc wirft einen genauen Blick auf die Persönlichkeiten hinter diesem vermeintlich unscheinbaren Beruf und liefert ein eindrückliches Bild dreier Menschen, Opernhäuser und Städte.

In Gesprächen mit Kolleg/innen, Opernbesucher/innen und der eigenen Familie werden die Lebensgeschichten von Flavio, Nadezhda und Ronald fragmentarisch aufbereitet – die Dialoge drehen sich um Fürsorge und Sorge um Kinder und Enkelkinder, um Anforderungen und Veränderungen im Berufsalltag, um das Familienleben, um Liebesgeschichten, um Politik und Stadtgeschichte. Mehrfach erweist sich der private Kosmos der Protagonist/innen als geprägt von Abschied und Wandel – Flavios Sohn fährt auf einen Schüleraustausch nach Irland, der Enkel von Nadezhda in die große Stadt, um zu studieren. Und während Flavios Zeit in der Scala zu Ende geht, arbeitet Ronald noch in einem zweiten Job in der Wiener Unibibliothek.
Die leeren, nur mit Büchern und Hall gefüllten Gänge der Bibliothek korrespondieren mit den Foyers der pompösen Opernhäuser, die während der Aufführung wie ausgestorben wirken. Nur das Garderobenpersonal ist da, plaudert hin und wieder miteinander, langweilt sich, telefoniert und wartet auf das große Finale, auf den Ansturm der Gäste, die ihre Mäntel und Regenschirme abholen. Die Inszenierung der Leere am Arbeitsplatz wird vom Straßenlärm der Szenen außerhalb der Oper unterbrochen, von den freimütigen Erzählungen der Protagonist/innen. Parallel dazu weisen die atmosphärischen Detailaufnahmen der Arbeitsplätze den Beruf als nur kleinen Mosaikstein im Leben der drei Protagonist/innen aus, und die Erzählung fokussiert zunehmend persönliche Gedanken, gegen die die Geschehnisse auf der Opernbühne blutleer und irrelevant erscheinen.
Secondo Me verbannt die Oper und ihre Aufführungen aus dem Rampenlicht und überlässt dem Personal die Bühne. Ein Film über die Dramatik des Alltags, über Zufälle, die kein Libretto hätte erfinden können, über Facetten des Lebens, die auf keiner noch so großen Opernbühne Platz finden würden. Und über die Idee Europa, die sich durch die reduzierte Versuchsanordnung Cuzuiocs als Selbstverständlichkeit kommuniziert.
(Katalogtext, cw)

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