Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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WAS HAT UNS BLOSS SO RUINIERT
Spielfilm, AT 2016, Farbe, 96 min., OmeU
Diagonale 2017

Regie, Buch: Marie Kreutzer
Darsteller:innen: Vicky Krieps, Marcel Mohab, Pia Hierzegger, Manuel Rubey, Pheline Roggan, Andreas Kiendl
Kamera: Leena Koppe
Schnitt: Ulrike Kofler
Originalton: Odo Grötschnig
Szenenbild: Martin Reiter
Kostüm: Monika Buttinger
Produzent:innen: Franz Novotny, Alexander Glehr, Ursula Wolschlager, Robert Buchschwenter
Produktion: Novotny&Novotny Filmproduktion
Koproduktion: Witcraft Szenario

 

Das maßgeschneiderte Leben passt perfekt: Stella und Markus, ein hippes Paar Anfang dreißig, haken den nächsten Eintrag auf der To-do-Liste ihres Lebens ab: ein Kind. Ihre Freunde ziehen mit. Doch dann bricht die Realität von Kindererziehung und Elterndiskurs ein: „Was hat dich bloß so ruiniert?“, schallt es leitmotivisch aus Marie Kreutzers Film, der mit schön fotografierten Bildern und Humor Bedeutung und Verantwortung des Kinderkriegens hinterfragt.

„This is not fucking Disney World“ steht auf einem Messingschild an der Haustür. Dabei erscheint auf den ersten Blick eigentlich alles perfekt: die schöne große Altbauwohnung, der Biogemüseanbau auf dem Balkon, die geschmackvollen Retromöbel, die Siebträgerkaffeemaschine. Hier wohnen Stella und Markus, ein hippes Paar Anfang dreißig, die beschlossen haben, den nächsten Eintrag auf der To-do-Liste ihres Lebens abzuhaken: ein Kind. Das gehört zur Selbstverwirklichung der Filmemacherin und des kiffenden Food-Bloggers mit Hipsterschnurrbart natürlich dazu. Als die beiden die frohe Botschaft schließlich in ihrem Freundeskreis verkünden, ziehen die anderen mit. Denn: Was gibt es Schöneres, als gemeinsam den Geburtsvorbereitungskurs durchzustehen, sich auf den Spielplätzen der Großstadt zu treffen und einmal die Woche beim Elternabend der selbstorganisierten Kindergruppe zu diskutieren, welches die gesündesten Müslizutaten sind? Anfangs noch euphorisch und überzeugt, dass Kinder zu bekommen nicht automatisch Spießertum bedeutet, bricht dann doch die Realität mit Kindererziehung und Windeln in die Leben der jungen Menschen ein.
Die Aufschrift an der Tür, die zunächst selbstreflektiert und postironisch den Glauben an ein vermeintliches Idyll anprangert, wird plötzlich zum profanen Sinnbild einer bitteren Wirklichkeit. Schon zu Beginn des Films wird dieser Einbruch in den Zeilen des leicht variierten Songtexts der Band Die Sterne angedeutet, der sich leitmotivisch durchzieht: „Wo fing es an? Was ist passiert? Was hat dich bloß so ruiniert?“ Was passiert mit Freundschaft und Partnerschaft, wenn auf einmal ein Kind die volle Aufmerksamkeit beansprucht? Wieso ist man nicht glücklich, wenn man doch allen Grund dazu hätte? Wie schafft man den Spagat zwischen den eigenen Bedürfnissen und dem Eltern-Ich? Marie Kreutzers dritter Spielfilm stellt in schön fotografierten Bildern und mit viel Humor die Frage nach Bedeutung und Verantwortung des Kinderkriegens. Dabei schwingt die reflexive Ebene stets mit: Die sechs Erwachsenen erzählen immer wieder vor Stellas laufender Kamera, was die Elternschaft aus ihnen macht. Überforderung und Einzigartigkeit liegen bei diesem Thema eben nahe beieinander. Das maßgeschneiderte Leben muss, wie so oft, wieder einmal der Realität angeglichen werden. Was nicht heißt, dass nicht mehr geträumt werden darf.
(Katalogtext, ast)

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