Diagonale
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Festival des österreichischen Films
4.–9. April 2024, Graz

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Gruber geht
Spielfilm, AT 2015, Farbe, 104 min., OmeU
Diagonale 2015

Regie: Marie Kreutzer
Buch: Marie Kreutzer, nach dem Roman von Doris Knecht
Darsteller:innen: Manuel Rubey, Bernadette Heerwagen, Doris Schretzmayer, Harald Windisch, Patricia Hirschbichler, Thomas Stipsits, Sami Loris u.a.
Kamera: Leena Koppe
Schnitt: Ulrike Kofler
Originalton: Odo Grötschnig
Musik: Florian Blauensteiner, Florian Horwath
Sounddesign: Manuel Grandpierre
Szenenbild: Martin Reiter
Kostüm: Monika Buttinger
Produzent:innen: Helmut Grasser, Constanze Schumann
Produktion: Allegro Film

 

John Gruber ist Mitte dreißig, er lebt schnell, teuer und egozentrisch. Eine überraschende Krebsdiagnose wirft ihn aus der Bahn, genauso aber deren unfreiwillige Überbringerin: Sarah, DJane aus Berlin und eigentlich so gar nicht sein Typ. Normalerweise hat Gruber keine Verwendung für Gefühle – ungefragt sind aber plötzlich so viele da … Eine komödiantische Selbstfindungsodyssee nach dem Erfolgsroman von Doris Knecht.
www.grubergeht.at, www.thimfilm.at

Katalogtext Diagonale 2015:
Wo fing das an? Was ist passiert? Was hat mich bloß so ruiniert? (Die Sterne)

„John Gruber hat Krebs“, twittert derselbige und meint es – sprichwörtlich – todernst. Genau dieses grundzynische „Schnösel-Deppen-Geplappere“ empfindet seine Schwester als hochgradig enervierend: die Misanthropie eines Land und Familien verachtenden, Porsche lenkenden Egozentrikers. Bis Gruber von der Existenz seines Tumors weiß, lustwandelt er siegessicher durch die Wiener Nächte und Betten – eine Welt geprägt von Jetset, bügelfrischen Hemden und Managersprech. Gewohnt entrückt verleiht Manuel Rubey der Figur Gruber dabei eine eigenwillige Melancholie. Bereits im Zustand des Obenauf scheint er eigentlich so richtig unten – liebenswürdig kaputt auf die eine oder andere Art. Hinzu kommt eine frauenfeindliche und homophobe Attitüde, wie sie ihm auch Flugzeug- und Hotelbekanntschaft Sarah (die sich als DJane Sahara nennt) zu Recht attestiert. Und trotzdem: Schon bald endet das Geplänkel in einer gemeinsamen Nacht mit Folgen. „Sehnsucht. John“ wird Gruber der Berlinerin Tage später per SMS kommunizieren – ein beinahe erschreckend ehrlicher Gefühlsausbruch. Damit nicht genug: Zeitgleich fordert auch der Krebs zunehmende Kenntnisnahme und ernste Auseinandersetzung mit dem antrainierten Zynismus und der eigenen Endlichkeit.

Nach dem Erfolgsroman von Doris Knecht inszeniert Marie Kreutzer eine Komödie rund um das Boboville Wien und lässt unterschiedliche Beziehungs- sowie Lebenskonzepte herrlich unversöhnt aneinandergeraten. Einmal mehr beweist Kreutzer dabei ihr Gespür für Stimmungen und Emotionen. Im forcierten Pathos wiederkehrender Zeitlupen-Stillleben – ein zurückgelassenes Packerl Tschick, eine Plattenspielernadel, die in der Endlosrille ihre Runden zieht – lässt sie den klassischen Spielfilmplot aufrichtig durchatmen. Und mit ihm auch Gruber, der sich nach seiner Diagnose im Coming-of-Age der Enddreißiger verliert und titelkonform tatsächlich ein Stück weit geht, um sich neu zu probieren. Möglicherweise sogar noch rechtzeitig. Oder frei nach Bob Dylan: (Re-)Born in Time. (sh)

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